Montag, 12. Oktober 2015

Milan Hoyer, Klaus Jadatz – Fährtenarbeit


Unser sechstes Buch.

Ich möchte an dieser Stelle ein kleines Vorwort vorausschicken. Ich gehöre zu den IPO Sportlern, die leidenschaftlich gerne Fährten gehen. Wenn Arbeit und Gelände es zulassen, bin ich jeden Tag die Woche in den Feldern unterwegs, spieße Fährtenschilder in die Erde, trample durch die Wiesen und lasse Gegenstände fallen. Das Fährten ist allerdings immer noch ein wenig das Stiefkind unter den IPO Disziplinen, ein notwendiges Übel, auf das Viele gerne verzichten würden.
Aus diesem Grund freue ich mich immer ganz besonders, wenn es neue Bücher zum Thema Fährte gibt. Geben sie mir doch die Hoffnung, dass man Neueinsteigern von Anfang an eine Hilfestellung bieten kann. Denn verläuft der Einstieg positiv macht meist auch der Sport Spaß.

An dieser Stelle kommt das neue Buch von Hoyer und Jadatz ins Spiel. Im Untertitel wird „Fährten lernen ohne Stress und ohne Zwang“ versprochen. Milan Hoyer gilt in weiten Kreisen als der Fährten Papst und mit entsprechend hohen Erwartungen habe ich das kleine Büchlein gekauft.

Auf 96 Seiten stellt Hoyer seine ganz eigene Methode zum Fährtenaufbau vor. Kleinschrittig und gut verständlich wird das Herangehen an die Ausbildung geschildert, von der Vorarbeit im Grundgehorsam, über die Vorbereitung des Futters für die Fährte und die ersten Schritte im Geruchsfeld bis hin zum schrittweisen Aufbau der ganzen Fährte bis zur Prüfungsreife. All das ist eingängig und leicht nachvollziehbar in logisch auf einander aufbauenden Schritten beschrieben und gibt dem Leser einen sehr schönen Einblick in die Arbeitsweise von Milan Hoyer.

Wirklich begeistern und mitreißen kann mich das Buch jedoch nicht und auch bei einer allgemeinen Empfehlung an andere Fährteninteressierte, hätte ich etwas Bauchschmerzen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen der kleine – allen Schreibern und Sportlern eigene – Fehler, eigene Vorlieben mit einer Pseudobegründung  als absolut logische und allgemeingültige Schlussfolgerung darzustellen, Im Fall von Hoyer ist dies das Suchen am Halsband ohne Geschirr. Die Begründung, der Hund könne sich beim Geschirr schneller in der Leine verheddern beim Suchen und deshalb würde darauf verzichtet, halte ich persönlich einfach für eine Ausrede, um die eigene Vorliebe fürs Suchen am Halsband zu untermauern. Ob und wie schnell sich der Hund in die Fährtenleine wickelt, dürfte eher mit dem Material der Leine und dem Geschick des Hundes zusammenhängen, als mit der Frage ob die Leine am Halsband oder am Geschirr hängt.
Aber das ist eher eine kleine Nebenbaustelle, die ich mit einem Lächeln zur Kenntnis nehme, findet man sie doch in jedem Sportratgeber von namhaften Sportlern. Deutlich schwerwiegender finde ich, dass die beschriebene Methode zeitlich wie finanziell sehr aufwändig und nicht sehr flächenschonend ist.

Ich gehöre zu den Menschen, die gerne spontan Fährten gehen, die sich bei passendem Wetter und ein paar freien Stunden mit Kollegen am Nachmittag verabreden und hinaus ins Fährtengelände ziehen. Nach Hoyers Methode ist dies gerade am Anfang nicht machbar. Es wird genau beschrieben, wie das Futter zur Bestückung der Fährte am Vortag vorbereitet werden muss. Für eine Fährte benötigt  man entfettetes Rinderhack, gemischt mit Hähnchenbrust oder ähnlichem im 900g Pack. Kauft man nicht gerade in der Billigpreisecke beim Discounter kostet die Fährte damit schnell 6€ aufwärts pro Suchdurchgang. Hinzukommt, dass Hoyer schon zu Beginn sehr lange Liegezeiten für die Geruchsfelder empfiehlt. Am schwerste wiegt an dieser Stelle jedoch meiner Meinung nach, dass man sich mit der beschriebenen Legeweise jeden Landwirt zum Feind macht, der einem einmal erlaubt, seine Wiesen zu nutzen. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass man deutliche Bodenverletzungen erzeugen soll und betrachtet man die Fotos, wird all jenen die auf ein friedliches Miteinander von Landwirten und Fährtengängern bedacht sind, flau im Magen. Wiesen auf denen ein derartiger Flurschaden angerichtet wird, dürften sich an den betroffenen Stellen auf Wochen nicht erholen.

Traurig stimmt mich bei dem Buch aus, dass der Hundeführer im besten Fall als unnützer Störfaktor wahrgenommen wird. Aus diesem Grund werden Hunde – laut Buch – auf den Seminaren auch zuerst von Hoyer persönlich geführt, bevor der Besitzer die Leine wieder in die Hand bekommt. Im schlimmsten Fall ist der Hundeführer sogar der große Stressfaktor und Angstauslöser für den Hund, der das Fährten (fast) unmöglich macht. Ich muss gestehen, dass mir diese Sichtweise als Ausgangspunkt massiv widerstrebt und ich Hund und Hundeführer viel lieber als Team sehe, die sich gemeinsam einer Aufgabe stellen und gemeinsam diese wundervolle Teildisziplin der IPO erarbeiten.

Den Abschluss des Buches machen dann ein paar Tipps zur Überwindung der häufigsten Probleme auf der Fährte und der Dankesbrief eines Seminarteilnehmers.

Das Buch lässt mich mit etwas zwiespältigen Gefühlen zurück. Ich denke, dass Hoyers Methode gerade für Hunde denen man mit zu viel Zwang oder gar Gewalt auf der Fährte das Suchen vergrämt hat, eine sehr gute Wiedereinstiegschance und einen Weg für den erfolgreichen Wiederaufbau bietet. Für den interessierten Neuanfänger empfinde ich sie aber als unnötig kompliziert und hätte eher Bedenken, dass sie einem Einsteiger die Lust auf die Fährte verdirbt.

Als nächstes Buch auf der Leseliste:

Thomas Baumann „Mehrhundehaltung… gemeinsam zu mehr Harmonie“

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für Deine Rezension zu dem Buch ... ich war beim Lesen auch eher enttäuscht. Aber wenn man ein Seminar besucht hat und sieht, wie der Hund lernt, stressfrei zu arbeiten und ein intensiver engagierter Sucher wird, nimmt man das "Umständliche" gerne in Kauf. Hackfleisch liegt bei mir vorbereitet im Kühlschrank (hält sich ein paar Tage) und Wiener sind schnell geschnitten. Das Halten der Leine durch Milan hat seinen Sinn: die HF wären nicht im Seminar, wenn sie keine Probleme hätten, weil sie permanent korrigieren. Geschirr braucht man nicht mehr, die Hunde ziehen nicht und arbeiten ruhig und konzentriert. Es ist herrlich! (ich bin nicht gekauft und nicht beteiligt an den Seminaren).

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