Die Schweigepflicht gehört untrennbar zu bestimmten Berufsgruppen und auch im Zwischenmenschlichen wird das Schweigen noch immer zu den Tugenden gezählt. Höflich, diskret und in der Hundewelt so unendlich töricht.
Schon Sierra Milton schrieb 2004 einen Artikel mit dem
(eingedeutschten) Titel „Omerta oder das Schweigen der Züchter“ in dem sie das
Verschweigen von Erbkrankheiten unter den Rassehundezüchtern anprangerte. Viel
geändert hat sich in den 11 Jahren die seit Erscheinen ihres Artikels vergangen
sind anscheinend nicht. Zwar gibt es immer mehr Züchter, die sich Aufklärung
und Offenheit auf die Fahnen geschrieben haben – auch wenn ihnen diese Ehrlichkeit
selbst zum Nachteil gereicht – aber noch immer hüllen sich viele in Schweigen.
Doch nicht nur in den Reihen der Züchter hüllen sich
viele in Schweigen, auch unter den normalen Hundehaltern gilt für viele die
Weitergabe von Informationen und Daten schon fast als Sakrileg. Kann man es
beim Züchter noch irgendwo nachvollziehen, auch wenn man es nie gutheißen kann,
dass Geschwiegen wird um eigene Fehler nicht eingestehen zu müssen oder
finanzielle Einbußen zu verhindern, wundert einen das verbissene Schweigen beim
Privathundehalter umso mehr. Die eigenen Erfahrungen und das eigene Wissen
werden gebunkert und als Verschlusssache behandelt, niemand soll erfahren, wie
es im inneren aussieht.
Ein paar verschwommene Andeutungen sind das höchste der
Gefühle, was weitergegeben wird. Sehr schönes Beispiel aus der jüngsten
Vergangenheit: Bei der Diskussion rund um eine rückläufige Erbkrankheit der
Rasse Dobermann, berichtete eine Dame, man müsse die Krankheit ernster nehmen,
ein mit ihr befreundeter Züchter hätte die Zucht eingestellt, da er mehrere
Hunde auf Grund dieser Krankheit hätte einschläfern müssen und auch die
Nachzucht betroffen war. Auf die Antwort nach dem Namen der betroffenen
Zuchtstätte und der verstorbenen Hunde, warte ich bis heute vergebens.
Nachfragen werden strikt ignoriert und somit wird einem jegliche Möglichkeit
genommen, sich weiter zu informieren.
Gleiches gilt für die Sterbedaten von Hunden. Gerade in
einer Zeit in der die DCM Thematik für viele Dobermannbesitzer zum Alltag
gehört und sie oftmals die zentrale Frage beim Kauf des nächsten Hundes
darstellt, gibt es kein größeres Problem, als das beharrliche Schweigen vieler
Menschen. Die Schere der Reaktionen klappt an dieser Stelle erschreckend weit
auseinander. Während manche die Krankheit ihrer Hunde öffentlich regelrecht
zelebrieren, schweigen sich andere komplett darüber aus. Die Daten von
erkrankten Hunden verschwinden, ebenso wie der betroffene Hund früher oder
später und die Besitzer schweigen.
Mag sein, dass der ein oder andere Repressalien von Seiten
des Züchters befürchtet, doch wieso sich der Rest in Schweigen hüllt, wird wohl
immer ihr Geheimnis bleiben. Vielleicht haben sie Angst, dass schlechte
Gesundheit oder Leistungsschwäche auch ein schlechtes Licht auf sie als Halter
werfen könnte, wer weiß.
Manche nutzen ihr Wissen auch als kindische
Machtdemonstration, um den weniger Wissenden eine Nase zu drehen, sie mit dem
geheimen (vermeintlichen) Wissen locken und es ihnen dann nur vorzuenthalten,
um die eigene Position zu stärken.
Wie man es dreht und wendet, einen vernünftigen,
erwachsenen Grund für das Schweigen gibt es nicht. Das Leben wäre so viel
einfacher, wenn sich endlich alle an diesem Punkt dazu durchringen könnten
ehrlich mit den Themen umzugehen. Wissen ist sicherlich auch in diesem Fall
Macht, eine Macht die man nicht missbrauchen sollte und die man nur nutzen
kann, wenn sie mit möglichst vielen Personen geteilt wird.
Es bleibt zu hoffen, dass sich das Schweigen nicht wieder
weiter ausbreitet und objektive Informationsweitergabe zwischen Hundehaltern
nicht per se als Tratsch oder gar üble Nachrede abgewertet wird. Sollte sich diese Haltung nicht ändern, gibt
es wohl für die Zukunft vieler Rassen und ihrer Halter nur ein mögliches Ende
und an dieser Stelle sei es gestattet Brecht zu zitieren, der dafür die wohl
passendsten Worte gefunden hat:
Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.