Auf unserem Trainingsplatz und auch auf vielen anderen
steht ein Spiegel. Er soll den Hundeführern beim Training helfen, einen genauen
Blick auf sich und ihren Hund zu werfen. Manche Sportler nehmen das Hilfsmittel
gerne an, manche belächeln es als überflüssigen Schnickschnack und einige
meiden den Spiegel wie die Pest. Dabei muss es kein echter Spiegel aus Glas
oder Kunststoff sein. Auch den metaphorischen Spiegel, den einem ein guter
Trainingspartner regelmäßig vorhält, umgehen immer noch viele Sportler mit
aller Kraft.
Die Prüfungssaison biegt in die Zielgerade ein und es
zeichnet sich langsam ab, wer im Training für dieses Jahr einen guten Job
gemacht hat, wer Fortschritte und Erfolge erarbeitet hat – was nicht bedeutet,
dass es nicht auch Zwischentiefs und Enttäuschungen gab – und wer offenbar
einfach nur Zeit auf dem Hundeplatz verbachte, ohne wirklich zu trainieren.
Die wenigsten Sportler besitzen einen Hund, der komplett
ausgebildet ist. So gut wie jeder hat Baustellen an denen er weiterfeilen muss
und noch fehlende Ausbildungsinhalte, die es zu erarbeiten gilt. Hundesport
sollte eine stetige Entwicklung sein. Allerdings muss man diese auch regelmäßig
überprüfen und hinterfragen und hier lehrt uns die Erfahrung, dass man selbst
da gerne die rosarote Brille aufhat.
Das ist der Moment an dem der Spiegel ins Spiel kommt. Ein
klarer Blick auf das, was gerade den Ist-Zustand darstellt, ist in regelmäßigen
Abständen einfach ein Muss. Wieso scheuen so viele Sportler diesen notwendigen
Schritt?
Weil es nicht immer schön ist, was man sieht. Man sieht
seine eigenen Fehler, seine Irrtümer und bisweilen auch sein eigenes Versagen. All
das will niemand gerne vor Augen geführt kommen, denn selbst wenn es sachlich
und neutral aufgearbeitet wird, hinterlässt es immer ein ungutes Gefühl. Dabei
ist nichts von dem, was man dort sieht endgültig. Zumindest noch nicht.
Der Spiegel ist der Dreh- und Angelpunkt, der am ende darüber
entscheidet, ob man Fehler erkennen, gegenarbeiten und sich weiter entwickeln
kann oder ob man sich hoffnungslos verrennt und das Training irgendwann zur ziellosen
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Hund, Hundeführer und Trainer verkommt.
Viele sehen keine Notwendigkeit darin sich selbst und
ihre Arbeitsweise immer und immer wieder zu hinterfragen, nachzuprüfen, ob ihr
Ausbildungsweg in die gewünschte Richtung führt und ob Hund und Hundeführer
sich weiterentwickeln. Viele schummeln sich lieber durch den Trainingsalltag,
lassen sich und ihren Hund auf dem Platz durch allerlei Hilfsmittel und kleine
Tricks beim Training halbwegs gut aussehen und belügen sich selbst dabei. Hilfe
und Korrektur werden nicht angenommen, reales Training findet kaum mehr statt,
man spielt nur jede Woche auf dem Hundeplatz dasselbe Theaterstück zur eigenen
Unterhaltung.
Bis dann der Tag kommt, an dem man vor dem Richter steht.
Die Quittung sieht immer gleich aus: Durchgefallen.
Doch selbst zu diesem Zeitpunkt verweigert man den Blick
in den Spiegel und findet unzählige Erklärungen für das Prüfungspech. Die Schuld
lag beim Wetter, der Richter war unfair, der Hund fühlte sich nicht wohl, der Saturn
stand im 5. Haus und irgendwo auf einem Baum hat ein Schwarzspecht an der
falschen Stelle geklopft. Man selbst ist nie schuld, man war ja immer beim Training
und hat jede Woche eine gute Figur gemacht. Wenn die Erkenntnis so weit reicht,
dass keine externen Einflüsse einem den Prüfungserfolg verdorben haben, dann
liegt die Schuld meistens beim Hund. Der hat nur darauf gewartet, seinen
harttrainierenden Hundeführer an der Nase herum zu führen und daran wird man
bis zur nächsten Prüfung etwas ändern.
Jedoch nicht mit überdenken der Trainingsmethode, sondern
wenn der Vorsatz wirklich vom Prüfungstag bis zur nächsten Trainingseinheit
hält, im Hauruckverfahren, über Strafe. Man straft den Hund ein paar Mal ab und
dann begibt man sich wieder auf die Trainingsbühne und zieht Woche um Woche die
immer gleiche Show ab, während die anderen um einen herum trainieren.
Dabei hält man gebührenden Abstand zu den Spiegeln und
ehrlichen Trainern und Trainingskollegen und redet sich voller Überzeugung ein,
dass alles genau so passt, wie man es gerade und seit immer schon macht, bis am
nächsten Prüfungstag der nächste Richter den Kopf schüttelt.
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