Jeder von uns braucht Hilfe. Alleine kommt man im Leben
nicht weiter und im Sport erst recht nicht. Ex Formel 1 Fahrer Mika Häkkinen
sagte einmal: „Du gewinnst nie allein. An dem Tag, an dem du etwas anderes
glaubst, fängst du an zu verlieren.“
Und trotzdem haben noch immer viele Hundesportler ein
Problem mit dem Thema Hilfe. Ich rede nicht von Leuten, die unter Mobbing
leiden müssen und ausgegrenzt werden, das ist ein weitaus komplizierteres
Thema, das hier den Rahmen sprengen würde. Ich möchte über jene reden, die vor
dem gedeckten Tisch bockig den Kopf wegdrehen und lieber vor dem vollen Teller
verhungern.
Nur wenige Hundesportler sind so direkt und sagen offen,
dass sie glauben keine Hilfe zu brauchen und trainieren dann auch wirklich
alleine und komplett eigenverantwortlich, ohne jegliche Kontrolle und Unterstützung.
Wesentlich häufiger findet man bei der „das hab ich alles allein gemacht“
Fraktion die Schummler. Diese Leute kokettieren zwar gerne mit der Idee, alles
vollkommen alleine und ohne Hilfe zu bewältigen und geben sich lange Mühe,
diesen Eindruck auch aufrecht zu erhalten, sind aber dann doch zu sehr am
Erfolg orientiert, um diesen Pfad ins Versagen auch wirklich einzuschlagen. In
der Regel holen sich diese Leute ihre Unterstützung heimlich ab. Es wird zu
anderen Trainingstreffen gefahren, auswärts trainiert und korrigiert und auf
dem Heimplatz gibt es dann den großen Auftritt mit dem Hund, den man ganz ohne
Hilfe ausgebildet hat.
Was genau die Beweggründe hinter einer solchen
Vorgehensweise sind, kann man nur mutmaßen. Vielleicht will man die Lorbeeren
für späteren Erfolg nicht mit anderen teilen, vielleicht benötigt man den Glorienschein
anders zu sein und es ganz alleine geschafft zu haben. Auf jeden Fall wird
einem ein solcher Egotrip auf Dauer wenig Freude machen. Weder im eigenen
Verein - wer lässt sich schon gerne anlügen - noch bei den heimlichen
Trainingspartnern, die sich irgendwann – sofern sie nicht bezahlt werden –
wundern werden, wieso sie offenbar ein peinliches Geheimnis sind.
Wesentlich häufiger trifft man auf die „ja ja“ Fraktion. Hier
gibt es zwei Varianten, die offene und die verdeckte.
Die offene „ja ja“ Variante, sagt einem relativ direkt
ins Gesicht, dass sie der Meinung sind, man ist nicht qualifiziert genug, um zu
verstehen, was sie gerade machen und dass man deshalb keine Berechtigung hat,
sie zu korrigieren oder Trainingsvorschläge zu machen. Nein, wir sprechen hier nicht
vom Multichampion auf Höhenflug oder Entwicklern von revolutionären neuen
Ausbildungsmethoden. Es sind Ortsgruppensportler, die der Meinung sind, ihr Wissen
aus Büchern, Seminaren und dutzenden YouTube Videos reicht aus, um eine
anständige Ausbildung für den eigenen Hund zu gewährleisten.
Allerdings wird dieser Typus von Hundeführer Zeter und
Mordio schreien, wenn sich nicht ein Ausbilder mit hinaus auf dem Platz stellt.
Schließlich hat er einen Anspruch darauf, begutachtet zu werden. Aber immer
dran denken, sagen oder gar kritisieren darf man nichts, sonst gibt es eine
ellenlange Belehrung, wieso man für solche Äußerungen nicht qualifiziert ist.
Die zweite Gruppe der „ja ja“ Fraktion geht wesentlich
subtiler vor, um nicht zu sagen hinterhältiger. Auf den ersten Blick wird gemeinsam
trainiert. Es wird viel Zeit des Trainers in Anspruch genommen, weil es
eigenartigerweise immer nur sehr schleppend voran geht und Hund und Hundeführer
immer wieder starke Rückschritte zeigen. Es wird selten diskutiert, wenig
widersprochen oder hinterfragt, es wird oberflächlich betrachtet einfach nur
vor sich hingearbeitet und irgendwie bleibt der erhoffte Erfolg dennoch aus. Bei
genauerer Betrachtung erkennt man dann jedoch, worin das Problem liegt. Diese
Gruppe scheut die offene Konfrontation und geht den Weg des geringsten
Widerstandes. Es wird unter den Augen des Trainers das Programm abgespult und
sobald man aus dem Blickfeld verschwunden ist, wird ein komplett anderes,
oftmals gar konträres Programm gefahren.
Hinter dem Rücken wird dann häufig nicht nur trainiert,
sondern auch schlecht über die anderen Trainingspartner geredet.
Eine spezielle Gruppierung sind die Leute, die ich das
fahrende Volk nennen möchte. Es sind fast immer Pärchen, seltener kleine
Gruppen oder Einzelpersonen, die von Ortsgruppe zu Ortsgruppe ziehen. Ihre
Geschichte ist immer die selbe. Sie haben einen gut veranlagten bereits
vorgearbeiteten Hund und wollen Sport machen und Mitglied in einem Verein
werden, wurden aber von den Trainingsgruppen und Ortsgruppen die sie zuletzt
besucht hatten schlecht behandelt, unzureichend gefördert, schlecht trainiert, gemobbt
und sind deshalb wieder auf der Suche.
Bei manchen springt in solchen Momenten sofort der Drang
zu helfen, den guten Ruf der Vereine zu retten in den Vordergrund, bei anderen
schrillen die Alarmglocken und sie bleiben bei Anfragen nach
Trainingsmöglichkeit und Mitgliedschaft distanziert. Letzteren wirft man gerne
vor, sie würden Neulinge ablehnen, sich für eine elitäre Truppe halten oder
Angst vor Konkurrenz haben. Vielleicht hatten sie aber auch nur schon mehrere
Zusammenstöße mit dem fahrenden Volk.
Für all jene, die ihr Herz und ihre Türen für die
vermeintlich Hilfesuchenden öffnen, beginnt der immer gleiche Reigen. Das
fahrende Volk zeigt sich überglücklich, überhäuft die Trainer mit Dankbarkeit
und ist in der Regel sehr mitteilsam über die Verfehlungen, der früheren
Ausbilder und Vereine. Allerdings wird dabei in aller Regel mit sehr vielen
Worten sehr wenig Konkretes gesagt. Probleme mit dem Hund – egal ob im Sport
oder im Alltag – sind ausschließlich auf die mangelhafte Kompetenz der
vorherigen Trainer zurück zu führen.
Manchmal kennt man die ehemaligen Vereinskollegen über
die Mal kräftig vom Leder gezogen, mal nur andeutungsweise schlecht geredet
wird und kann direkt nachfragen, manchmal muss man das Puzzle kleinschrittig selbst
zusammensetzen. Doch es läuft immer nach demselben Schema. Früher oder später
gibt es Probleme. Oftmals reißt das fahrende Volk seine Zelte in einer Nacht
und Nebel Aktion ab und verschwindet ohne ein weiteres Wort, wenn man dahintergekommen
ist, dass manche ihrer Geschichten doch deutlich an der Realität vorbeigingen.
Oder es kommen die immer gleichen Vorwürfe, mit denen sie auch schon anreisten.
Der eigene Hund werde nicht genügend gefördert, die Fortschritte seien zu
gering, man würde sich nicht vernünftig um sie und ihre Bedürfnisse kümmern
oder zu wenig auf ihre Wünsche und Vorschläge eingehen. In letzteren Fall
trennt man sich meistens im Streit und man ist der nächste Name auf der Liste,
die das fahrende Volk dem nächsten Verein, der sie aufnimmt, vorlegen wird.
So unterschiedlich sie auch sein mögen, eines haben die
letzten drei Gruppierungen gemeinsam. In der Regel jammern alle, dass sie nicht
genügend Hilfe und Rückhalt bekommen.
Allerdings werden ein paar Dinge rund um das Thema Hilfe
von allen übersehen:
Hilfe kann nur bekommen, wer auch bereit ist sie
anzunehmen. Wer nur bewundert werden will und nicht mit Kritik umgehen kann und
unfähig ist, sich selbst und sein Handeln zu reflektieren, wird nie Hilfe
erhalten, egal wie bemüht das Umfeld ist, sie zu geben.
Hilfe annehmen bedeutet nicht ungeprüft und unreflektiert
alles zu machen, was jemand anders vorschlägt. Passende Hilfestellung setzt
immer Kommunikation voraus. Wer nicht gewillt oder fähig ist, zu kommunizieren,
was ihm wichtig ist, was er nicht machen möchte oder was er schlicht nicht
leisten kann, wird am Ende auch hilflos dastehen, egal wie viele helfende Hände
ihm von außen gereicht werden.