Freitag, 25. Dezember 2020

Radant, Uwe & Dr. Schöning, Jette – Zughundesport

Unser 27. Buch

Zughundesport ist in und mit diesem Buch bieten der dreifache Weltmeister Radant und die praktizierende Tierärztin Dr. Schönig jedem Interessierten eine tolle Anleitung für den Einstieg in eine der unzähligen Spielformen der Sportart. In den vergangenen Jahren haben mich nur wenige der hier vorgestellten Bücher wirklich begeistern können, doch dieses gehört definitiv dazu. 

Die beiden Autoren nehmen sich viel Zeit, die Sportart in ihren vielen Facetten verständlich und spannend vorzustellen. Angefangen über eine kurze Geschichte zur Entstehung des Sports über eine Einführung zu den typischen Hunderassen und Arten bis hin zu den verschiedenen Ausprägungen des Sports wird ein kurzweiliger aber stets hoch informativer Überblick geboten. Dabei wird von Anfang an immer wieder auf den Unterschied zwischen leistungsorientiertem Sport und dem gemeinsamen Vergnügen mit dem Familienhund hingewiesen.

Der interessierte Anfänger bekommt eine detaillierte Einführung ins Zubehör und erhält auch eine verständliche Erklärung, warum man so großen Wert auf bestimmte Dinge legen sollte. Sei das die Passform oder der Typ des Geschirrs oder wieso es so wichtig ist, eben die Leine nicht einfach an den Lenker zu knoten, sondern einen Panikhaken zu verwenden. All dies geschieht stets in einem professionellen Tonfall, ohne den sonst so häufig bei anderen Autoren anzutreffenden erhobenen Zeigefinger. Beim Lesen wird nicht nur das Wissen der Autoren vermittelt, sondern auch ihre Begeisterung und Freude an diesem Sport.

Der Trainingsaufbau wird einfach erklärt, ganz ohne dabei dogmatisch zu werden. Alles wird dabei von hervorragenden und aussagekräftigen Bildern untermalt, um dem geschriebenen Wort mehr Details hinzuzufügen. Sehr schön ist auch, dass die Varianten des Zughundesports in diesem Buch gleichwertig behandelt werden. Es wird keine Variante herabgewürdigt durch unschöne Formulierungen. Egal ob Dogtrekking, Canicross, Bikejöring, oder, oder, oder, egal ob mit einem oder mehreren Hunden, alles wird mit der gleichen Begeisterung beschrieben und vorgestellt.

Dabei wird neben der Technik und der Frage nach dem „wie“ nie der Hund aus den Augen verloren. Sicherheit geht in den Beschreibungen immer vor. Ebenso hat die Freude am gemeinsamen Lernen und Laufen Vorrang vor dem Ehrgeiz und der schnellen Leistung.

Es wird auf Fragen wie Fütterung, passendes Trainingswetter, Gesundheit und auch Motivation eingegangen. Dabei bleiben die Bedürfnisse des Hundes immer im Vordergrund. Kein Zwang, keine Ziele die man in Zeit X erreichen muss, sondern stets überlegter Aufbau, der sich an den Fähigkeiten des jeweiligen Hundes orientiert.

Für die einzelnen Sportarten wird im weiteren Verlauf des Buchs gesondert auf notwendiges und empfohlenes Equipment eingegangen und auch typische Trainingsprobleme werden angesprochen und mögliche Lösungswege aufgezeigt. 

Alles in allem ein absolut empfehlenswertes Buch, für alle, die sich mit dem Gedanken tragen, einmal in den Zughundesport in irgendeiner Form rein zu schnuppern.

Mittwoch, 21. Oktober 2020

Des Hündchens neue Kleider

 


Es ist wieder die Zeit im Jahr, in der unter Hundehaltern alle Jahre wieder ein Kleinkrieg entbrennt. Der Krieg um den Hundemantel. Sehr schnell kochen die Emotionen bei dem Thema über, die einen werfen der Gegenpartei Verweichlichung und Vermenschlichung der Tiere vor, die anderen gehen so weit und sprechen von Tierquälerei und Vernachlässigung.

Braucht ein Hund in Herbst und Winter eigentlich einen Mantel? Darauf gibt es eine ganz klare Antwort: Jein.

Es gibt Hunde, die ganz klar vom Tragen eines Mantels, Pullovers oder Overalls profitieren. Hier tragen zwei von drei Hunden bei kalten und vor allem nassen Wetter einen Mantel. Mein Rüde wird in wenigen Tagen elf Jahre alt, hat entsprechende Alterszipperlein und durch notwendige Dauermedikation kaum Unterwolle. Meine Hündin hat eine Metallplatte im Oberschenkel und Probleme mit der Rückenmuskulatur. Natürlich würden beide ohne Mantel überleben, aber es macht das graue Wetter angenehmer und reduziert Medikationsbedarf und Physiobesuche etwas. Trotzdem wird immer mal wieder die Nase gerümpft, denn ein Gebrauchshund braucht so etwas einfach nicht.

Natürlich laufen dort draußen vermutlich hunderte, wenn nicht tausende Hunde rum, deren Kleidung unterm Strich nur modisches Accessoire für den Halter sind und dem Hund keinerlei Vorteil in seinem Zustand bringt. Allerdings muss man sich auch einfach mal bewusstmachen, dass Mantel und Co aber in der Regel auch nicht schaden. Ja, auch da gibt es Ausnahmen von Billigware von chinesischen Onlinehändlern, die gesundheitlich bedenklich sind durch die verwendeten Chemikalien, aber die wenigsten Mäntel und Overalls schaden dem Hund körperlich durch das Tragen.

Traditionalisten werden aus Prinzip dagegen sein. Früher brauchten Hunde so etwas auch nicht, außer es war der runtergeschorene Fiffi von Tante Frieda, der eigentlich auf dem Sofa lebte und nur zweimal am Tag schnell zum Lösen um den Block gezogen wurde. Echte Hunde brauchen so etwas früher nicht. Ja, früher hat man auch ungewollte Welpen in der Regentonne ersäuft und Physiotherapie für Sportler wurde auch lange belächelt. Manchmal lernt man mit den Jahren halt doch dazu.

Fakt ist, es gibt wenige stichhaltige Argumente gegen Mäntel aus seriöser Herstellung, aber je nach Individuum eine Menge, die für sie sprechen.

Natürlich gibt es modische Auswüchse, für die auch ich mich nie erwärmen können werde. Der pinke Fleece Overall für den Mali wird etwas sein, das ich nie toll finden werde. Liegt aber einfach daran, dass ich das Gefühl habe, davon Augenkrebs zu bekommen und nicht, weil es dem Hund in irgendeiner Form schadet oder ihn einschränkt.

Andere verweisen darauf, dass Mäntel und Overalls ja nur von Faulheit des Halters zeugen. Der Mantel sorgt dafür, dass der Langhaarhund sich im Matschwetter sich nicht so einsaut und die Wohnung sauberer bleibt. Natürlich könnte man da jetzt meckern, die Moralkeule schwingen und plärren, dass jemand, der Probleme mit dreckigem Hundefell in der Wohnung hat, sich halt keinen Langhaarhund oder besser gleich gar keinen Hund ins Haus holen sollte. Man kann aber auch einfach mit den Schultern zucken und anerkennen, dass der Hund auch mit Mantel Hund sein kann, es ihn nicht in irgendeiner Form einschränkt und das kleine Accessoire dem Halter das Zusammenleben erleichtert.

Die meisten Produkte auf dem Heimtiermarkt sind genau dafür gemacht, uns Menschen das Leben zu erleichtern. Bei den meisten kräht kein Hahn danach. Beim Mantel gegen Matschfell hingegen wird der Untergang des Abendlandes heraufbeschworen.

Unterm Strich läuft dieses Thema jedoch wieder auf eins Hinaus und das ist Respekt und Akzeptanz. Einfach mal akzeptieren, dass manche Leute die Sache anders angehen als man selbst und dieser Entscheidung mit Respekt begegnen. Du bist der Meinung, dein Hund braucht keinen Mantel, ok, deine Entscheidung und die sollte akzeptiert werden. Der andere ist der Meinung sein Hund profitiert von einem Mantel? Seine Entscheidung und das ist gut so und die solltest du schlicht respektieren.

Ja, so einfach kann es sein, wenn man denn will.


 

Samstag, 12. September 2020

Von Rechten und Schuld

 


Manchmal ist die englische Sprache herrlich elegant im Umschreiben von Dingen. So gibt es zum Beispiel den Begriff des „Entitlement“. Zum einen übersetzt sich der Begriff schlicht mit „Anspruch“, darüber hinaus jedoch bezeichnet er auch das unberechtigte Gefühl eines Menschen, Anspruch auf etwas zu haben.

Und gerade unter Hundehaltern scheint Entitlement weit verbreitet zu sein.

Wer ist ihnen noch nie begegnet auf einer Gassirunde, den Hundehaltern mit den unerzogenen, unverträglichen Hunden, die trotzdem stets ohne Leine und Kontrolle durch die Lande laufen? Wieso sie das tun? Na sie haben immerhin das Recht, ihren Hund freilaufen zu lassen. Man ist ja selbst schuld, wenn man mint, gerade da rumlaufen zu müssen, wo sie mit ihrem Hund gehen wollen. Da ist es auch vollkommen egal, ob man selbst einen Hund dabei hat oder ein Jogger oder Radfahrer ist, dem der Hund mit Recht auf Freilauf dann am Bein hängt. Man hat einfach Rücksicht darauf zu nehmen. Wie der Hundehalter seinen Anspruch begründet? Gar nicht, ist halt einfach so. Seine Meinung ist sein Himmelreich und alle haben sich danach zu richten.

Argumente helfen da nichts, gegen Entitlement kommt man in solchen Situationen meist nur mit Polizei und Ordnungsamt an und auch dann ist der Lernprozess langwierig und leider oftmals nicht nennenswert nachhaltig. Schuld ist in der Regel das Gegenüber, besonders wenn es dann zum finalen Eklat kommt und der Hund am Ende als gefährlich eingestuft und eingezogen wird.

 

Noch lernresistenter ist die online Form dieser Hundehalter. Sie können zwar meist keinen solchen Schaden anrichten, wie ein Hund im unkontrollierten Freilauf, ihnen ist aber auch wesentlich schwerer Beizukommen, da gegen Taktlosigkeit und Aufdringlichkeit im Internet kein Leinzwang und keine Maulkorbpflicht helfen kann. Online geht es beim Thema „ich habe ein Recht darauf…“ so gut wie immer um Wissen. Die einen wollen es haben, die anderen wollen es weitergeben, auch wenn das Gegenüber nicht danach gefragt hat.

Mit denen, die meinen immer ein Recht auf Auskunft zu haben, hat man als normaler Hundehalter weniger oft zu tun. Ihr bevorzugtes Opfer sind Züchter, Deckrüdenbesitzer, Tierschutzvereine und manchmal auch Sportler. Sie wollen es ganz genau wissen. An wen wurde der Rüde Rüdiger vermittelt? In welchem Bundesland lebt er jetzt, wie war er bis dahin untergebracht? Wieso hat man sich für diesen neuen Eigentümer entschieden? Wieso ist man der Meinung, dass das ein besserer Halter ist, als derjenige, der vor einer Woche in der Facebookgruppe geschrieben hat, dass er ihn nicht bekommen hat?

Ist man dann irritiert mit welcher Berechtigung die Person das wissen will – ist sie ein anderer Interessent? Ist sie ein Bekannter, des früheren Halters? Hat sie vielleicht eine größere Summe zweckgebunden für genau diesen Hund gespendet? – kommt meist schnell die Ernüchterung. Nö, nichts von alle dem. Man hat nur aus einer Laune heraus beschlossen, sich selbst als Kontrollinstanz einzusetzen, um sicher zu gehen, dass es diesem Hund gut geht.

Besonders ausgeprägt und gehäuft tritt dieses Phänomen auf, wenn ein Verein oder ein Züchter gerade öffentlich in die Kritik geraten ist. Aktuell sehr schön zu sehen am Beispiel der Hellhound Foundation. Aus dem Nichts tauchen Menschen auf, die plötzlich mehr als penetrant verlangen, dass man ihnen Rede und Antwort steht. Sie hatten noch nie etwas mit den betreffenden Hunden oder ihren Haltern zu tun, sie haben noch nie auch nur einen Cent für die Organisation gespendet, wollen auch jetzt nicht helfen und können selbst keine Informationen geben, die hilfreich sein könnten, aber sie haben ihrer Ansicht nach ein Recht darauf, dass man alle ihre Fragen beantwortet und ihre Sensationsgier befriedigt.

Ähnliches kennen fast nur noch Züchter und Deckrüdenbesitzer. Denn in den Augen der Hundewelt sind auch sie oft jedem eine Antwort schuldig. Wer nichts zu verbergen hat, kann ja im Internet ohne Bedenken die Hosen runterlassen. Also raus mit der Sprache, woran ist die ehemalige Zuchthündin denn nun vor drei Stunden verstorben? Warum wurde der Sohn vom großen Zuchtstar jetzt doch nicht zur Zuchtzulassung vorgestellt?

Nein, mit Fragen nach der Todesursache muss man nicht warten, bis der verstorbene Hund wenigstens kalt ist, die kann man sofort stellen. Absolut nicht pietätlos, denn die Welt hat ein Recht darauf zu erfahren, was passiert ist. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, gibt es keinen Grund sich schlecht zu fühlen, also kann man sofort darüber sprechen. Selbstverständlich hat der Fragende keinen Hund aus dieser Blutlinie oder hatte je vor bei dem Züchter zu kaufen oder auch nur die Rasse zu besitzen. Man ist nur da, um die Wahrheit ans Licht zu bringen und hat somit alles Recht dieser Welt auf Antworten und zwar sofort.

Nicht weniger übergriffig sind jene Leute, die meinen alle Welt mit ihrem Wissen beglücken zu müssen. Sie sind hier um Aufklärung zu betreiben und das notfalls mit Gewalt. Du postest ein Foto von deinem Hund, der am Seeufer spielt? Erkennst du denn nicht die Gefahr, hast du noch nie etwas von Wasservergiftung gehört? Oh wie niedlich, ihr habt euch einen Rassehundewelpen gekauft, aber habt ihr den auch wirklich von einem seriösen Züchter und wisst ihr, was diese Rasse alles braucht? Egal, nur weil ihr schon fünf Hunde der Rasse hattet, werdet ihr dem Rat des Besserwissers, der die Rasse nur von Fotos kennt, nicht entkommen. Denn er hat schließlich ein Recht darauf, sein Wissen weiterzugeben.

Manchmal hat man den Eindruck, diese Leute würden das Netz nach Schlagworten durchsuchen und dann im Copy and Paste Verfahren eine vorgefertigte Erklärung einfügen. Vollkommen egal, ob sie zum aktuellen Beitrag passt oder auch nur annähernd etwas damit zu tun hat.

Ein Foto von einem Merle Aussie? Belehrung über die Gefahr der Farbgenetik einfügen.

Das Wort „Fütterung“ fällt irgendwo? Abhandlung über die Unzulänglichkeiten von industriellen Futter kopieren und senden.

Ein Rassename ist gefallen? Oberflächliche Rassebelehrung auf Stammtischniveau mit vielen Vorurteilen einfügen.

Die Liste ließe sich noch endlos fortführen, denn es gibt diese „ich habe ein Recht, euch aufzuklären“ Menschen gibt es quasi zu jedem Thema. Irgendeiner von ihnen hat den Inhalt der aktuellen Diskussion immer zu seinem eigenen Spleen erhoben und glaubt das Monopol auf die richtige Herangehensweise zu haben.

Leider ist gegen solche Leute kein Kraut gewachsen. Ignoriert man sie, schreien sie nur umso lauter, weist man sie auf Fehler in ihrer Meinung hin, ebenso. Lehnt man ihre Hinweise ab, bestärkt sie das nur noch mehr in der Meinung, noch penetranter aufklären zu müssen, denn man sieht ja, wie viele Leute die Augen vor dem Problem verschließen.

 

Das ist leider die Sache beim Entitlement. Mit gesundem Menschenverstand und sachlicher Argumentation kommt man diesen Leuten nicht bei. Mit Emotion und Aggression aber auch nicht. Oftmals bleibt einem Hundehalter daher gerade in den online Diskussionen nichts Anderes übrig, als sich in Impulskontrolle zu üben und sich zu fragen, woher die Leute ihre Überzeugung nehmen. Oder man kann das Ganze als psychologische Feldstudie ansehen und den Dunning Kruger Effekt in der natürlichen Umgebung beim Wirken zu sehen. Vielleicht kann man dem Ganzen unter dem Gesichtspunkt dann wenigstens noch ein bisschen Positives abgewinnen.