Freitag, 27. Februar 2015

Quo Vadis DCM Aufklärung?





Es ist jetzt fast zwei Jahre her, dass die große Aufklärungswelle rund um das Thema „DCM beim Dobermann“ startete, Zeit sich einmal umzublicken und ein kleines Resümee zu ziehen.

Es begann im März 2013 mit dem DCM Film. Ich stehe dazu, dass ich dem Film bis heute zwiegespalten gegenüberstehe. Mir war die große Geheimniskrämerei die im Vorfeld betrieben wurde, suspekt und auch das Grundgerüst des Films gefällt mir bis heute nicht wirklich. Die Gegenüberstellung von Züchter A als dem rücksichtslosen, schlechten Züchter auf der einen Seite und Züchter B als positives Beispiel der voller Verantwortungsbewusstsein der desolaten Lage trotzt, stößt mir immer noch auf. Zumal die angeprangerte Züchterin nie die Möglichkeit bekam ihre Version der Ereignisse und die Hintergründe einer derart großen Zuschauerschaft zu präsentieren, wie es der Film mit den Anklagen gegen sie getan hat.

Sei es drum, mit dieser Meinung stand ich relativ alleine da – ich denke nur Freunde und Familie der an den Pranger gestellten Züchterin teilten sie vermutlich – und der Film wurde als großer Durchbruch in der DCM Aufklärung gefeiert. Es folgten Interviews mit anerkannten Kardiologen, Flyer, Homepages, der Aufruf zu einem Forschungsprojekt an der Uni Hannover, eine Petition und ein weiterer Film. Das Thema breitete sich über die sozialen Netzwerke aus und erreichte erstmals auch die Dobermannhalter jenseits der sehr begrenzten Welt des Rasseforums. Das Thema erreichte zwar die oberen Ränge der Zuchtvereine immer noch nicht, doch im Internet war es beim Thema Dobermann allgegenwärtig. Die Frage nach der Herzuntersuchung und den Eltern eines Hundes wurde bei jeder virtuellen Unterhaltung rund um den Dobermann schon fast obligatorisch. Heute ist es beinahe nicht mehr möglich irgendetwas rund um den Dobermann zu veröffentlichen, ohne dass das Thema DCM von irgendeiner Seite angesprochen wird.

Einerseits eine sehr positive Entwicklung, einfach weil der Alltag zeigt, dass Rasseinteressenten und sogar Erstzüchter immer noch viel zu wenig Ahnung vom Ausmaß dieser Krankheit haben. Doch langsam zeigte sich auch die Kehrseite der Medaille. Der Ton wurde immer rauer. Die Aufklärung wandelte sich schleichend an vielen Stellen immer mehr zur Zwangsbelehrung und die Geduld mit Unwissenden oder gar Andersdenkenden schwindet bis heute rapide. Stand früher augenscheinlich die Aufklärung im Vordergrund, beschleicht einen immer mehr das Gefühl, dass es heute mehr darum geht, einzelne Würfe und ganze Zuchtstätten an den Pranger zu stellen. Die Wortwahl ist dabei sehr oft deutlich unter der Gürtellinie und man merkt sehr schnell, dass es nicht nur darum geht, potentielle Welpenkäufer auf Fehler hinzuweisen. Es geht darum sich Luft zu machen. Viele Halter dort draußen sind wütend, wütend über den Verlust ihres Hundes, wütend über das Leid, dass sie erdulden mussten und sie sind nun fest entschlossen, diese Wut an jenen auszulassen, die ihrer Meinung nach gegen das Wohl der Rasse verstoßen auszulassen. Dabei ist es egal, ob es einen Züchter, einen Deckrüdenbesitzer oder einfach nur einen anderen Dobermannliebhaber trifft, der das Pech hatte, gerade anderer Meinung zu sein.

Es gibt wenige Züchter, die noch Gnade in den Augen der Aufklärer finden. Ein Schema nach dem man feststellen kann, wer in den erlesenen Kreis aufgenommen wird, ist dabei nicht zu erkennen. Bizarrer Weise scheinen gerade die Züchter, die durch sehr sorgsame Auswahl der Verbindungen und lückenlose Untersuchungen auffallen, besonders in der Schusslinie zu stehen. Jede Wurfankündigung wird unter die Lupe genommen und meist öffentlich auf Facebook zerfleischt. Es beschleicht einen bisweilen der Eindruck, dass manche der Personen erwarten, dass die Züchter wirklich um ihren Segen zur Wahl des Deckpartners fragen. Mäßigende oder kritische Stimmen sind nicht erwünscht. Wer es wagt, einzuschreiten, das Vorgehen zu kritisieren oder gar Partei für einen angegriffenen Züchter zu ergreifen, hat sehr schnell den ganzen wütenden Mob gegen sich. Nach der verbalen Dresche erfolgt in der Regel die Sperre und der Block für Thema und Gruppe, denn Quertreiber, die das Projekt gefährden könnten, sind nicht erwünscht.

Doch auch intern ist es mit dem Frieden längst vorbei. Freund und Feind zu unterscheiden ist nicht mehr so einfach wie noch vor zwei Jahren. Die Bündnisse wechseln schneller, als manch einer mitlesen kann. Wer gestern noch zusammenmit spitzer Feder gegen die DCM Leugner ins Feld zog ist sich heute spinnefeind und wer gestern noch Verbrüderung gefeiert hat, ist bereits zerstritten bevor die Tinte auf dem Kooperationsvertrag getrocknet ist. Die Revolution frisst ihre Kinder und man hat den Eindruck, dass der DV recht daran tut, das Thema einfach zu ignorieren. Wenn der hauptverein noch ein halbes Jahr durchhält ohne auf die Thematik zu reagieren, dürfte die Aufklärungswelle von alleine abebben, weil sich die Protagonisten letztlich gegenseitig zerfleischt haben.

Mir ist vollauf bewusst, dass ich hier gerade in einem Minenfeld tanze und mir das Ganze um die Ohren fliegen wird, die kommenden Tage. Die Empörung wird groß sein und viele werden ihr Luft machen und das nicht immer auf die höflichste Arts und Weise. Dennoch ist es mir ein großes Anliegen, dieses Problem anzusprechen. Die Thematik ist zu wichtig, als dass man zusehen könnte, wie sie durch zwischenmenschliches Gezicke und verletzte Eitelkeiten der Lächerlichkeit preisgegeben wird.

Der Dialog zu den Züchtern wird kaum noch gesucht, sondern man ergeht sich in einem Schwall aus polemischen Angriffen und Unterstellungen. Wundert sich aber im gleichen Atemzug darüber, dass sich die Attackierten immer weiter zurückziehen und nicht mehr gewillt sind sich den virtuellen Angriffswellen Tag für Tag entgegen zu stellen. Jede Woche ist ein neuer Züchter an der Reihe um zerrissen zu werden. Wer das Pech hat einen kranken Hund gezüchtet zu haben – und bei der heutigen Lage der Rasse ist das so gut wie jeder Züchter – und nicht augenblicklich so zu reagieren, wie es sich die online Inquisition gerade vorstellt, wird öffentlich zerfleischt. Dabei ist es vollkommen egal, dass der gleiche Züchter noch vor kurzer Zeit von denselben Menschen in den Himmel gelobt wurde. Wer sich der Aufklärungswelle in den Weg stellt, wird gnadenlos in ihr ersäuft. Ein Privatleben ist nicht mehr gestattet, denn wenn man die Unverschämtheit besitzt, ein paar Stunden am Tag nicht online zu sein, um sofort jedem Rede und Antwort zu stehen, hat man etwas zu verbergen, versucht etwas zu vertuschen oder läuft vor der Verantwortung davon.

Auch normale Dobermannfreunde die es wagen Kritik zu äußern, finden keine Gnade vor den Rettern der Rasse. Besonders auffällig wird dies, wenn man die Retter auf ihre Rettungspläne anspricht. Die Ideen gehen von einem neuen Zuchtverein, egal ob in der FCI oder außerhalb, der Kreation eines Designerdogs Dobermann bis hin zur Rückzüchtung des Dobermannes aus seinen (vermuteten) Ausgangsrassen. Möchte man die Schwachstellen dieser Pläne und deren genaue Ausführung hinterfragen, merkt man sehr schnell, dass diese Ideen nicht weiter als bis zur Formulierung des Vorhabens durchdacht sind. Aussprechen sollte man diese Entdeckung jedoch nicht laut, denn dies gleicht einem Stich ins Wespennest. Sofort stürzen sich wütende Aufklärer auf einen und posaunen groß und aggressiv in die Welt hinaus, dass sie wenigstens etwas ändern möchten. Hat dann nochmal jemand die Unverschämtheit, sie an die Realität zu erinnern und anzumerken, dass ihre Pläne an selbiger meilenweit vorbeigehen, kommt am Ende das Totschlagargument mit dem jede Diskussion abgewürgt wird:

DU kannst eigentlich gar nicht mitreden. DU hattest noch nie einen DCM kranken Hund. DU kannst das nicht verstehen.

Es stimmt. Der Kelch ist bisher an mir vorbei gegangen und ich hoffe auch weiterhin, dass meine Dobermänner die Statistik nicht lesen können und auch Dobermann drei und Dobermann vier, der irgendwann einziehen wird, ihr Leben lang DCM frei bleiben werden. Doch selbst wenn mich das Glück eines Tages verlassen sollte, denke ich nicht, dass ich derartige Rettungspläne als realistisch wahrnehmen könnte.

Gerüchten zu folge läuft die Spendenkampagne für den dritten DCM Film, die Aufklärungswelle schwappt mit aller Gewalt weiter durch das Internet und die internen Querelen toben weiter. Immer mehr Leute die zu Beginn Feuer und Flamme waren, wurden verheizt oder sind ausgebrannt und haben sich distanziert, die meisten Züchter wurden verprellt.

Quo Vadis DCM Aufklärung? Wohin geht die Fahrt, wohin die Reise? Ich glaube, ich möchte es in diesem Moment nicht wirklich wissen, denn ich habe das Gefühl, dass eine ursprünglich gute Idee dabei ist, in den Wellen die sie selbst geschlagen hat zu ertrinken. Noch im Juni 2014 hatte ich verkündet, dass ich die Nase voll habe von der Rasse, dass ich mich aus dem ganzen Geschehen zurückziehen und zu einem anderen Hund wechseln werde. In den darauffolgenden Monaten wurde mir klar, es ist nicht der Dobermann von dem ich genug habe, sondern es ist der aggressive Umgangston unter den angeblichen Rasseliebhabern, der mich in die Flucht getrieben hat. Dem Dobermann werde ich treu bleiben und meinen Teil beitragen. Sei es durch die Bereitstellung meiner gesunden Hündin für die Zucht, dem stetigen Dialog mit Züchtern und natürlich auch der weiteren objektiven Aufklärung auf unemotionaler Ebene.


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