Sonntag, 15. Januar 2017

Gabrielle Brunner Scheidegger – Gesunder Sport- und Diensthund



Unser 17. Buch

Von einer Tiersportmedizinerin geschrieben, verspricht dieses Buch Begleitung und Ratschläge um seinen Hund „Vom Welpen bis zum Senior“ gesund und leistungsbereit durchs Leben zu bringen. Auf dem Umschlag werden alle Thematiken aufgezählt, die einem Sportler durch den Kopf gehen, von der Auswahl des richtigen Welpen über Ernährung bei Aufzucht und Sport, Trainingspläne und Gesundheitsvorsorge, sowie auch Therapie bei typischen Sportverletzungen.
Der Werbetext auf der Rückseite des Buches klingt hervorragend – tun sie das nicht alle? – doch eine Bemerkung vorweg, bevor ich mich dem Inhalt näher widme: Der Titel „Allgemeine Erkrankungen und Verletzungen und deren Therapie“ wäre der deutlich angemessenere Titel gewesen.

Bereits bei den Anschaffungstipps rollen sich einem dezent die Fußnägel hoch. Ich kann jeden Züchter verstehen, der jedem Interessenten, der allein mit jedem Welpen irgendwelche Test durchführen will, um unbeeinflusst den Charakter der Hund erkennen zu können, sofort die Tür weist. Ähnlich enttäuschend verläuft das Kapitel zur Ernährung in der Aufzucht. Dessen Inhalt lässt sich im Grunde mit einem Satz zusammenfassen: „Kaufen Sie ein namhaftes Markenfutter für Hunde im Wachstum, die Industrie weiß, was sie macht.“
Etwas besser sieht es dann beim Thema Bewegungstraining aus. Hier bietet das Buch einige nette Anregungen, wie man Körpergefühl und Körperbeherrschung des heranwachsenden Hundes ohne großes Verletzungsrisiko fördern und fordern kann. Kleine Trainingstipps, die man beinahe alle ohne großes Equipment im heimischen Wohnzimmer oder Garten durchführen kann, bilden hier das Herzstück des Kapitels. Das erste wirklich ansprechende Kapitel stellt jenes, zum Training des Sporthundes dar. Zu Beginn wird aufgeschlüsselt über welche Fähigkeiten der Hund je nach Sportart verfügen muss und welche Bereiche man besonders trainieren sollte. Es folgen gut erklärte Einzelübungen zur Förderung von Schnellkraft, Kraftausdauer, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit, die verständlich dargestellt werden und Abwechslung im täglichen Training garantieren. Anschließend wird noch die Wichtigkeit des Warm-up und Cool down besprochen und auch hier ein kleiner Leitfaden für empfehlenswerte Übungen gegeben und damit sind die besten 27 Seiten in dem knapp 190 Seiten lagen Buch auch bereits um.
Es folgt ein oberflächliches sieben Seiten Kapitel zur Ernährung des Sporthundes, in dem es hauptsächlich darum geht, wie man mittels Dreisatz die Futterinhaltsstoffe so berechnet, dass man verschiedene Futtersorten vergleichen kann und eine kurze Erklärung zum Thema wieso nicht jeder Sporthund immer und überall HighEnergy Futter benötigt und warum Protein und Fett wichtig sind. Es ist einfach traurig, dass ein so vielseitiges und wichtiges Thema wie die Ernährung des Sport- und Diensthundes so billig abgespeist (man verzeihe das flache Wortspiel) wird.
Auch über das Thema „Negativer Stress als Hemmnis“ und Mentaltraining für Hundeführer wird in wenigen Seiten an der Oberfläche hinweggebügelt und auf Seite 86 startet dann bereits das große Kapitel der allgemeinen Erkrankungen und Sportverletzungen. Es werden alle möglichen und unmöglichen Krankheitsfälle aufgezählt von HD und ED über Kreuzbandriss bis hin zu Bandscheibenvorfall. Es wird explizit aufgeführt, wie man die Verletzungen und Erkrankungen erkennt, welche Ursachen sie haben und wie sie behandelt und therapiert werden können. Wobei die Autorin an manchen Stellen schon in Extreme verfällt oder bin ich die einzige die Stammzellentherapie bei HD als bizarr empfindet?
Es folgen ausführliche Tipps zu Erster Hilfe und Reha, wie man seine Notfallapotheke richtig bestückt und noch ein paar Seiten zu allgemeineren Problemen wie Hitzschlag und Erfrierungen. Im Anschluss werden Verletzungsgefahr und besondere Belastungen bei den einzelnen Sportarten und Einsatzgebieten aufgeschlüsselt, mit kurzen Verweisen auf das Ausbildungskapitel und mit welchen Trainingsbereichen man diesen Beschwerden und Gefährdungen vorbeugen kann.
Den Abschluss des Buches leitet ein Kapitel mit dem Titel „Der Sportler wird älter“, aber auch hier findet man wenig Spezifisches, außer den Tipp den alten Arbeitshund nicht einfach wegzustellen wie ein ausgedientes Sportgerät. Es ist wieder eine Abhandlung allgemeiner geriatrischer Behandlunsgtipps für ältere Hunde, angefangen bei Arthrose Therapie und Tipps bei schlechten Zähnen und beginnenden Organleiden. Ganz zum Schluss wurden noch schnell ein paar Seiten zum Thema Doping und Komplementärmedizin angestückelt, die irgendwie nicht so richtig zum Buch zu gehören scheinen, einfach, weil der Platz direkt vor der Danksagung irgendwie unpassend erscheint. Als hätte man die Themen außen vor lassen wollen, sie aber auf Wunsch des Verlages noch schnell hinten angehangen.

Alles in Allem leider ein eher enttäuschendes Buch, bei dem man mal wieder den Eindruck hat, dass die Autorin bei dem doch sehr vielschichtigen und interessanten Thema mehr daran interessiert war, mit allgemeingültigen Krankheitsinfos möglichst viele Seiten zu füllen, anstatt auf die einzelnen Trainingsbereiche und Risiken für die diversen Betätigungsfelder expliziter einzugehen.

Als nächstes auf der Leseliste:
Martin Rütter & Andrea Buisman – „Haltung mehrerer Hunde“