Sonntag, 21. März 2021

Homeschooling für Anfänger

 


Nicht nur für die Kinder sind die Schulen geschlossen, auch für die Vierbeiner ist es seit einem Jahr immer nur sehr begrenzt möglich, Hundeschule oder Vereinstraining zu besuchen. Deshalb heißt es auch dort, Alternativen finden und wohl oder übel wird auch dort in den letzten Monaten vermehrt auf Homeschooling und autodidaktisches Lernen zurückgegriffen.

Bei der Alltagserziehung ist das auch nicht wirklich ein Problem, im Gegenteil. Diese Arbeit sollte so oder so zum Großteil im privaten Bereich stattfinden. Alltagsdinge gehören im Alltag erklärt und geklärt und geübt und nicht auf einem eingezäunten Grundstück mit sieben anderen Hunden. An diesem Punkt wird sich leider zu viel auf den Einfluss der Hundeschule verlassen und zu wenig zu Hause mit und am Hund gearbeitet. Was dann auch die häufige Fehlerquote erklärt. Natürlich spricht nichts dagegen, sich auch da Tipps von einem Fachmann zu holen und ab und an jemanden kontrollieren zu lassen, ob man auf dem richtigen Weg ist. Trotzdem sind Stubenreinheit, Beißhemmung, alleine bleiben, Leinenführigkeit und Rückruf alles Dinge, die man alleine trainieren kann und muss. Hier sind die Chancen, dass man mit Hilfe von guter Literatur, einem Online Seminar und Tipps aus einem Internetforum mit Disziplin, Beharrlichkeit und gesundem Menschenverstand ein gutes Ergebnis erzielt und seinen Hund auf den richtigen Weg bringt, extrem hoch. Auch für absolute Anfänger ist das problemlos machbar, so lange man sich nicht in der Rassewahl total vergriffen oder ein nervenschwaches Exemplar vom Vermehrer oder einen Problemhund aus dem Auslandstierschutz gekauft hat – aber das ist ein eigenes Thema.

Anders sieht es da bei der Sportausbildung aus. Dabei rede ich hier jetzt explizit von Sport mit Prüfungsabsichten. Wer mit seinem Hund privat zum Spaß an der Freude auf der grünen Wiese ein wenig schnüffeln, Fuß gehen oder apportieren will, um den Hund auszulasten und einfach ein wenig zu probieren, was es alles gibt, kann das folgende ruhig ignorieren.

Aber für alle, die Sport nach einem Regelwerk machen wollen, egal ob IGP, Obedience, Agility, THs oder was es da alles gibt, besonders für die absoluten Anfänger und Sporteinsteiger, sei hier in Wort der Warnung angebracht.

 

„Ich hab da schon mal was vorbereitet“, ist der Satz, bei dem es Ausbilder im Sportverein am allermeisten gruselt. Das Phänomen gab es schon lange vor Corona, Lockdown und Welpen-Homeschooling. Die Leute kamen mit ihrem Junghund mit acht bis zwölf Monaten in den Verein, um nun mit dem Sport „richtig los zu legen“, hatten aber schon im Vorfeld in Eigenregie geübt, um den Hund entsprechend zu fördern, nichts zu verpassen oder sich nicht zu blamieren. Da wurde dann mit Hilfe von Büchern, YouTube Videos, Hundeschule und viel Fantasie zuhause geübt. Die Ergebnisse sind in fast allen Fällen ernüchternd und der Grund, wieso der Satz „Ich hab da schon mal was vorbereitet“ den Ausbildern einen kollektiven Stoßseufzer entlockt und den ein oder anderen in Versuchung bringt, den Neuling an irgendwen anderen zur Ausbildung weiterzureichen.

Ja, Sportler fangen früh an, mit ihren Welpen zu trainieren, oftmals schon am Tag des Einzugs. Ja, es gibt viele tolle Videos und Bücher für Hometraining für den Sporthund, auch namhafte Trainer haben in Corona Zeiten Train@Home Challenges in den sozialen Netzwerken veranstaltet und Tipps für das Training einzelner Einheiten zuhause gegeben. Jetzt kommt allerdings das große aber… das sollte man Sportlern überlassen. Also Leuten, die schon einmal Hunde ausgebildet und geführt haben, die wissen, worauf es bei der Prüfungsreife ankommt, welche Fallstricke es gibt und wie das ganze am Ende aussehen soll. Und selbst bei denen geht es noch oft genug schief, wenn keine zweite Partei da ist, um mal drüber zu gucken und Betriebsblindheit vorzubeugen.

Als Anfänger ist es ein Ding der Unmöglichkeit. Ja, man wird seinen Hund beschäftigen, man wird gemeinsam etwas erarbeiten und würde man das nur für die Spaßgebrauch in der Freizeit machen, wäre das auch völlig ok. Will man aber, dass man damit mal Sport machen und in der OG auf Prüfungen starten kann, dann ist es der falsche Weg.

Positionen werden falsch verstanden, es wird mit viel Körper- und Stimmhilfe gearbeitet, es wird falsch oder ungenau bestätigt und vor allem wird sich im besten Glauben selbst betrogen. Für den Ausbilder ist eine solche Situation doppelt bitter. Zum einen muss er die schief gegangene Ausbildung wieder geraderücken – was um ein vielfaches schwieriger ist, als es einem älteren Hund ohne Vorerfahrung neu zu lernen – zum anderen muss er dem stolzen Hundebesitzer, der seine wundervolle Vorarbeit präsentiert und das Können seines Hundes lobt, möglichst diplomatisch beibringen, dass der Hund aus sportlicher Sicht nichts kann und das was er gelernt hat, wertlos für die gewünschte Sportkarriere ist. Egal mit wie viel Fingerspitzengefühl man an dieser Stelle vorgeht, oftmals ist dies bereits das Ende der Zusammenarbeit, einfach, weil sie viele Hundehalter wahnsinnig gekränkt fühlen und beleidigt von dannen ziehen, wenn man nach der stolzen Vorführung erklärt. Dass ihnen all das für den Sport nichts bringt und ihnen in der weiteren Ausbildung im Weg stehen wird.

Niemand blamiert sich, wenn er mit einem sieben Monate alten Hund mit dem Sport beginnen will und der Hund noch nicht Fuß laufen kann. Niemand verbaut sich die Chance, später im Sport zu starten, wenn er seinen Hund nicht von klein auf an die Thematik heranführt.

Deshalb der dringende Appell an alle Anfänger und Einsteiger: Wenn ihr Sport machen wollt, wartet mit dem Aufbau, bis ihr einen Trainer habt, dem ihr vertraut. Ja, es ist schön, von Welpenbeinen an den Grundstock zu legen, aber das macht nur Sinn mit dem nötigen Wissen. Habt keine Angst, dass ihr etwas verpasst, wenn ihr euch da Zeit lasst. Lasst euch nicht von den ganzen YouTube Videos und Social Media Beiträgen unter Druck setzen, in denen Leute präsentieren, was sie alles zuhause für den Sportaufbau tun. Lasst eure jungen Hunde einfach wachsen. Natürlich könnt ihr etwas tun, was euch später für den Sport zu Gute kommt. Spielt mit dem Hund, findet heraus, wie er am liebsten spielt. Findet heraus, welche Bestätigung für ihn die wertvollste ist. Der Ball, die Beißwurst oder doch der Streifen Leberkäse? Für all das hat man Zeit. Baut eine gute Bindung auf, sorgt dafür, dass euer Hund gut sozialisiert ist und sich souverän im Alltag bewegen kann. Der beste Sportaufbau nützt einem nicht, wenn der Hund hysterisch wir, sobald er an fremde Orte muss oder unbekannten Menschen begegnet. Lasst den Hund einfach wachsen, achtet darauf, ihn körperlich nicht zu überlasten. Für alles andere habt ihr noch genügend Zeit, wenn die Hundeplätze wieder öffnen dürfen und euch wieder sachkündige Anleitung zur Seite steht.

Lasst euch da nicht verunsichern und unter Druck setzen.


 

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