Man begegnet ihnen auf jeder Internetplattform, in
diversen Blog Beiträgen auf Facebook Profilen und in vielen schmalzigen
Geschichten und schnulzigen Gedichten, den Seelenhunden. Gleich vorweg, für
mich ist dieses Gefasel von Seelenhund, Seelenverwandtschaft und Sternenstaub
Esoterikquark. Ein Lieblingstier haben, einen Hund zu lieben hat für mich
nichts mit „er hat meine Seele berührt“ zu tun. Ich bin da schrecklich unmodern.
Mein Hund ist mein Hund, nicht mehr und nicht weniger. Ich brauche keine besondere
spirituelle Ebene, um ihn zu verstehen und ihn lieben zu können. Vielleicht
sind meine Hunde auch nur so simpel gestrickt, dass ich da keine höhere Macht
dazu brauche, wer weiß das schon so genau.
Auffällig ist jedoch, dass sich die angeblichen
Seelenhunde eigentlich immer in zwei Kategorien einordnen lassen.
Kategorie eins sind die Hunde, mit denen man besondere
Erfolge hatte. Besonders wenn es der erste eigene Hund im Sport, in der Zucht
oder dem Ausstellungswesen war und man gleich durchgestartet ist, zusammen von Sieg
zu Sieg von Leistung zu Leistung gehen konnte, neigen viele schnell dazu, hier
vom „Seelenhund“ zu sprechen. Man habe eine ganz besondere Verbindung gehabt.
Nur das alleine, diese Seelenverwandtschaft, habe einem diese Erfolge
ermöglicht. Das es etwas so Profanes, wie die Kombination von guten Anlagen,
Glück bei der Welpenauswahl und Training war, wollen viele gerade im Rückblick
nicht wahrhaben. Man muss die besonderen Erfolge und Erinnerungen noch
besonderer machen in dem man einen Mythos um den Hund spinnt.
Manchmal treibt diese Glorifizierung des Einen seltsame
Blüten. Meist erwachsen daraus nur Geschichten, die andere Hundesportler zum
Schmunzeln anregen, weil sie in ihrer Übertreibung doch eher an Seemannsgarn
als an Erinnerungen an Sport und Leben eines Hundes erinnern. Kritisch wird die
Überhöhung des Seelenhundes aber, wenn sie bei Züchtern zu einer Art Ahnenkult
führt. Immer wieder neigen Züchter dazu, den einen Hund, sei es nun die Stammhündin
der Zucht, der eine erfolgreiche Showchampion oder der eine international
siegreiche Sporthund, den man hatte, zu einer Art genetischem Wunder zu
verklären. Mängel hat ein solcher Seelenhund natürlich nicht, also kann man auf
Linie züchten, bis der Inzuchtquotient stöhnt und man sich beim Lesen der Ahnentafel
betrunken fühlt, weil man alle Namen doppelt und dreifach liest. Oftmals wird
auch noch stolz damit geworben, mit der „Rückzucht“ auf den einen großen Hund.
Den Besten, Schönsten, Leistungsstärksten, Erfolgreichsten, den man je hatte
und der je über diese Erde wandeln wird. Für viele Zuchten ist die Fixierung
auf den Seelenhund des Züchters der Untergang. Denn selbst wenn es gelingt mit
der rosaroten Brille gute Nachzucht in die Welt zu setzen, obwohl man die
Mängel und Defizite des Zuchthundes ausgeblendet hat, weder das Gefühl noch die
Garantie für Anschlusserfolge lassen sich züchten. Und so wird nach ein paar Würfen
sehr schnell die Zucht wieder eingestellt, um sich nicht mit der Realität
auseinandersetzen zu müssen, dass der Seelenhund eben doch nur ein ganz
gewöhnlicher Hund ist. Bringt der Ahnenkult am Ende sogar noch gesundheitlich
angeschlagene, leistungsschwache oder standarduntypische Nachkommen hervor,
wird es oft noch sehr unschön, denn objektive Kritik am Seelenhund ist nicht
geduldet.
Beinahe noch interessanter ist die zweite Kategorie an
Seelenhunden. Meinem Empfinden nach ist diese Gruppe wesentlich größer als die
erste. Vielleicht trifft man sich auch nur häufiger an, weil die Besitzer ein
höheres Mitteilungsbedürfnis haben. Es sind die Hunde, die andere eher als
Problemhunde denn als Seelenverwandte betiteln würden. Hunde, die auch nach
jahrelangem Training nur bedingt alltagstauglich sind, bei denen die Besitzer
nach drei Jahren frohlocken, wenn sie den Hund einmal streicheln können, ohne
dass er versucht sie zu beißen oder die nach fünf Jahren jetzt einmal nicht die
Wohnung zerfleddert haben, während der Besitzer kurz beim Briefkasten war, um
nach der Post zu sehen.
Gerade bei diesen Hunden, die den Menschen dazu zwingen,
seinen ganzen Alltag, sein ganzes Leben um sie herum zu strukturieren, damit
niemand zu Schaden kommt oder man wöchentlich neues Mobiliar, Fußböden oder
Türen braucht, findet man extrem häufig die Behauptung, das sei der Seelenhund.
Dieser Hund sei etwas ganz Besonderes, eine Aufgabe, die einem geschickt wurde,
um zu lernen, um zu wachsen, der einem das Innerste der eigenen Seele aufzeigt
und der das Beste ist, was einem je passieren konnte.
Es werden jetzt viele aufschreien und sich missverstanden
und abgewertet fühlen, wenn ich das schreibe, aber für mich ist das die
Hundehalterentsprechung des Stockholm Syndroms. Man verbrüdert sich mit seinem
vierbeinigen Peiniger, der einem das Leben zur Hölle macht, um das Ganze
irgendwie zu überleben. Als guter Hundehalter gibt man einen Hund, der derartige
Verhaltensauffälligkeiten hat nicht einfach weg. Nein, man arrangiert sich
damit und redet sich ein, dass das alles einen tieferen, spirituellen Sinn hat,
damit man den ganzen Druck übersteht. Denn seien wir doch mal ehrlich, niemand
lässt sich gern täglich auf die Couch pinkeln oder vom eigenen Hund
anfletschen, wenn man durch die Wohnung geht. Doch wenn man nicht mehr der
Besitzer eines Problemhundes ist, sondern der Seelenverwandte eines
geschundenen, missverstandenen Wesens, bestimmt dazu diesem den Ausweg aus seinem
Leid zu zeigen, sieht das Ganze doch schon komplett anders aus.
Ich habe mir viele dieser „schönen“ Gedichte und
Geschichten durchgelesen und abgesehen davon, dass ich sie unsagbar kitschig
finde, erschrecken sie mich auch. Wieso? Weil sie alle die selbe Aussagen tragen.
Der Hund ist der Mittelpunkt des Lebens, er ist der eine und einzige Sinn, er
ist es, der das Seelenheil des Menschen sichert, das einzige, das ihn glücklich
machen kann und das den Menschen seelisch und psychisch gesund hält. Eine Vorstellung,
die ich gefährlich und unfair finde. Unfair dem Hund gegenüber, weil ihm eine
Bürde auferlegt wird, die viel zu groß für ihn ist. Der Hund darf nicht einfach
mehr nur Hund und geliebtes Haustier sein, nein, er muss das Seelenwohl und die
psychische Gesundheit auf seinen Schultern tragen.
Darum sollte man den ganzen esoterischen Quark einfach
wieder in der Versenkung verschwinden lassen und den Hund nicht zum
Seelenpartner und Heilsbringer überhöhen, sondern ihn als das erkennen und
anerkennen was er ist, ein Hund. Und ist das nicht schon einzigartig und
wunderbar genug?