Alleine Trainieren macht keinen Spaß und ohne den
Austausch mit Trainingskollegen und ein ehrliches Feedback von außen kommt man
auch sehr schnell in der Ausbildung ins Stocken. Wenn man weiterkommen möchte,
braucht man Hilfe von anderen Sportlern, keine Frage. Doch leider gibt es nicht
nur jene, von denen man profitieren kann, mit deren Hilfe man Probleme
überwinden und sich weiterentwickeln kann. Ich möchte hier nicht über die
Hundesportler schreiben, die anderen aus Böswilligkeit, Neid und anderen
tieferen Beweggründen absichtlich schaden wollen und das Vorankommen der
potentiellen Konkurrenz wissentlich sabotieren.
Aber es gibt auch die anderen, die die nichts Böses im
Schilde führen und einem dennoch auf Dauer zum Einen als Ratgeber mehr Probleme
bereiten, als sie beseitigen und zum Anderen als Hilfesuchenden den letzten
Nerv rauben und somit jedes Training zur Frustveranstaltung werden lassen.
Ich denke jeder ist ihnen schon mal begegnet, den
toxischen Trainingspartnern, zumindest einem von den fünf Archetypen auf die
ich im Folgenden etwas genauer eingehen möchte.
Der 5 Minuten Profi
Der 5 Minuten Profi ist in erster Linie für Einsteiger
ein sehr kritischer Trainingspartner, für erfahrene Hundesportler ist er meist nur
eine Motivationsbremse und nervtötendes Trainingsanhängsel. Der 5 Minuten Profi
ist selbst Neuling, aber in seiner eigenen Vorstellung hat er die Lehrjahre
schon längst hinter sich gebracht, denn er hat sich belesen in dutzenden
Büchern, im Internet informiert und da der Nachbar seines Großvaters das in
seiner Kindheit auch schon gemacht hat, weiß es bestens Bescheid. Er weiß nicht
nur alles, sondern er weiß alles besser. Obwohl sein erster eigener Hund gerade
einmal vier Monate alt ist und noch nie in seinem Leben ein Apportierholz
gesehen hat, könnte er einem Helmut Huber genau erklären, was er in seinem
bisherigen Apportaufbau alles falsch gemacht hat.
Für erfahrene Hundesportler, die ihm beim Training helfen
wollen, ist der 5 Minuten Profi ein Krafträuber, der die Energie aussaugt und
die Geduld auf eine harte Probe stellt. Denn egal was er macht, Hilfe von außen
braucht der 5 Minuten Profi nicht, denn er hat auf YouTube bereits ein Video
dazu gesehen oder in einem Buch gelesen, wie es richtig geht. Alleine
trainieren möchte er jedoch auch nicht, denn immerhin braucht jedes Genie
Zuschauer, die seiner Brillanz huldigen. Das ist anstrengend und vor allem
unbefriedigend, weil man im Grunde nur zusehen kann, wie er auf den Super GAU
zusteuert, aber keine Einmischung duldet. Früher oder später steht der 5
Minuten Profi meist alleine auf dem Platz, weil irgendwann jeder
Trainingskollege es leid ist, das Elend mitanzusehen und sich für angebotene
Trainingshilfe und Tipps belehren und kritisieren lassen zu müssen.
Wirklich kritisch wird es, wenn ein Anfänger in den Sog
des 5 Minuten Profis gerät und sich von seinem selbstbewussten Auftreten und
dem vermeintlichen Wissen blenden lässt. Dann stolpern zwei Neulinge über den
Platz von denen keiner eine Ahnung hat, wo lang es eigentlich gehen sollen, die
sich aber beide jegliche Einmischung verbitten. Meist endet es damit, dass der
Neuling irgendwann frustriert aufgibt und die Sportart wechselt, weil trotz
Unterstützung eines vermeintlichen Profis keine Fortschritte zu erzielen sind.
Der 5 Minuten Profi wird nichts daraus lernen, denn wenn seine Methoden nicht
funktionieren ist er nicht kritikfähig genug, um einmal zu hinterfragen, ob das
Scheitern vielleicht an ihm liegen könnte. Schuld sind in einem solchen Fall immer
die anderen, die sein breites Fachwissen einfach nicht umsetzen konnten.
Eines jedoch kann man vom 5 Minuten Profi auf jeden Fall
lernen, das schier unerschütterliche Selbstbewusstsein trotz vollkommener
Ahnungslosigkeit.
Der „ja aber“ Suchende
Den „ja aber“ Suchenden findet man quer durch alle
Ausbildungsstadien, vom Anfänger bis hoch zum erfahrenen Hundeführer wird man
immer wieder diese Spezies von toxischen Trainingskollegen finden. Für Anfänger
und Sportfreunde die auf der Suche nach Unterstützung bei ihrem Training sind,
ist der „ja aber“ Suchende harmlos. Er hilft wo er kann und je nach seinem
Wissen und Ausbildungsstand kann er als Unterstützung für andere gute Dienste
leisten und eine Bereicherung sein. Für Trainer und Ausbildungswart ist der „ja
aber“ Suchende jedoch ein Sargnagel par excellence. Denn für seine eigenen
Trainingsprobleme nach der Grundausbildung ist der „Ja aber“ Suchende nicht
wirklich an Lösungen interessiert, er sucht nicht nach Wegen zur Verbesserung
der eigenen Leistung, er sucht nach Ausreden, wieso das Ganze jetzt gerade
nicht so läuft, wie es sein sollte.
Wenn der Hund zögernd absitzt ist wahlweise der Boden
oder das Wetter schuld, hält der Hund das Holz unruhig, liegt es am Holz und
wenn der Hund unkonzentriert arbeitet liegt es am Spielzeug, den Mondphasen
oder dem lila Elefanten, der am Morgenspaziergang den Weg kreuzte.
Er möchte zwar unterstützt werden und kleinere Tipps und
Korrekturen dringen manchmal bis zu ihm durch, doch am großen Ganzen möchte er
nichts ändern. Ihm ist durchaus bewusst, dass das Bild, das er und sein Hund
abgeben nicht immer ideal ist, doch in seiner Vorstellung liegt das nicht an Ausbildungsfehlern,
sondern stets an äußeren Einflüssen, die ihn und seinen Hund just in diesem
Moment hemmen und behindern.
An seiner Ausbildungsweise und dem eigentlichen Können
seines Hundes und auch seiner Person, zweifelt der „Ja aber“ Suchende keine
Sekunde. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er bei schlechten
Prüfungsergebnissen selten daran denkt, an bestimmten Übungen weiter oder mit
veränderten Voraussetzungen zu trainieren, sondern eher nach dem idealen
Richter, dem geeigneten Platz, dem passenden Helfer und dem besseren Wochentag
für Prüfungen sucht.
Der Diktator
Der Diktator ist ein Relikt aus (noch nicht lange genug)
vergangenen Zeiten, in denen es noch zum guten Ton gehörte, dass der Hund auf
der Prüfung mit angelegten Ohren und eingekniffener Rute neben dem Hundeführer
herschlich. Seine Arbeitsweise stammt aus einer Zeit, in der die einzige
übliche Belohnung das Ausbleiben von Strafe war. Ausgebildet wurde über Zwang,
Starkzwang und wenn das nicht ausreichte über sinnlose Gewalt.
Die Arbeit des Diktators sieht nie nach einem
harmonischen Zusammenspiel zwischen Hund und Hundeführer aus, es ist ein
ständiger Kampf. Es fallen ständig Begriffe wie „den Hund runtermachen“, „das
muss er aushalten“, „dem zeig ichs schon noch“… ein Krieg gegen den eigenen
Hund auf dem Trainingsplatz.
Für den Trainer der hier etwas Verständnis für moderne
Ausbildungsmethoden wecken möchte, eine schier unlösbare Aufgabe. Man müsste
meinen, dass der Diktator für Anfänger ein abschreckendes Beispiel und daher
höchstens ein Ärgernis aber keine Gefahr darstellt. Doch bizarrer Weise findet
auch in der modernen Zeit die Denkweise, dass ein Hund von Anfang an auch ohne
jegliche Belohnung arbeiten muss, wieder vermehrt Anhänger. Zwar wird hier zu Beginn
meist eine eher romantische Vorstellung von der Zusammenarbeit verfolgt, der
Hund soll aus Liebe zum Hundeführer ganz ohne „Bestechung“ durch jegliche
Belohnung arbeiten.
So harmlos es im ersten Moment klingen mag, der Weg zum
Diktator ist nicht mehr weit. Zwar wird in den seltensten Fällen der Ungehorsam
noch mit körperlichen Strafen sanktioniert, dafür greift man auf psychischen
Stress zurück. Begonnen vom einfachen Ignorieren bis hin zur zeitweisen
vollkommenen Isolation werden „gewaltfreie“ Strafen ersonnen, um dem Hund klar
zu machen, dass er seinen Menschen mehr „lieben“ muss und doch bitte aus dieser
besonderen Beziehung heraus, alles lernen und ausführen soll, um seinen
Menschen glücklich zu machen.
Der Methodenhopper
Der Methodenhopper kennt sie alle, die großen Namen und
ihre kleinen Trainingsweisheiten. Er war auf dutzenden Seminaren, hat mit Fuchs
apportiert, mit Föry gefährtet und mit Lind Welpenprägung betrieben.
Selbstverständlich hat er sich für die einzelnen Ausbildungsrichtungen nicht
nur das notwendige Knowhow gesammelt, sondern sich auch mit dem entsprechenden
Zubehör eingedeckt. Mit Feuereifer stürzt er sich auf seine neuen Erkenntnisse,
um diese sofort in den Trainingsalltag aufzunehmen. Das Training vom letzten
Monat war komplett veraltet und überflüssig, es wird alles auf die Erkenntnisse
des letzten Meisters bei dem man in der Lehre (Seminar) war umgestellt.
Der Methodenhopper hat vieles gesehen, vieles gelernt,
vieles ausprobiert und doch nie etwas zu Ende geführt und konsequent
durchgearbeitet. Er mag immer die neuesten Erkenntnisse der einzelnen Seminarveranstalter
kennen, doch was ihm fehlt ist der rote Faden in der Ausbildung, die Basis auf
der sein Hund gearbeitet wird.
Helfen kann ihm beim Training im Verein kaum jemand, denn
niemand war mit auf seinem neuesten Ausbildungswochenende und kann somit seine
neuen Wege nicht nachvollziehen. Kritiker bedenkt er gerne mit einem mitleidigen
Lächeln, da sie in seinen Augen nicht bereit sind, sich weiterzuentwickeln und
ewig an einem überholten Trainingsansatz haften bleiben. Denn der
Methodenhopper selbst hat ja auf seiner neuesten Bildungsreise gelernt, wie man
es richtig macht. Würde dieser Trainingspartner auf einem seiner
Seminarbesucher wirklich DIE Antwort auf seine Fragen finden, wären alle
glücklich. Denn jeder Ausbilder freut sich, wenn ein Mitglied seinen passenden
Weg in der Ausbildung findet. Doch leider gibt es den passenden Weg für den
Methodenhopper nicht. Denn jeder neue Weg, ist der richtige – für den Moment.
Nach wenigen Wochen und anderen Erkenntnissen von einem
neuen Guru, wird das Training wieder von Grund auf über den Haufen geworfen und
komplett neu aufgezogen, denn Stillstand – auch in der Methodik – bedeuten den
Tod des Fortschritts.
Darum kauft er heute Apportierholz und Apportierstachel
nach Guru F, nach zwei Wochen wirft er beides auf den Müll und bestellt das
Spezial Holz nach xy, das ebenfalls noch kurzer Zeit in Vergessenheit gerät,
weil man auf einem neuen Seminar wieder eine andere, absolut einzigartige
Methode des Apportaufbaus gelernt hat, die die einzig seligmachende Wahrheit
vermittelt.
Der Hopper wechselt die Ausbildungsarten schneller als
seine Trainingskollegen die Trainingsjacken und stürzt sich mit voller
Begeisterung in jede neue Methode und verteufelt im selben Atemzug die
bisherigen, da ihn ja keine davon zum Erfolg geführt hat.
Wer in die Obhut eines Methodenhoppers gerät, sollte
große Vorsicht walten lassen. Zu schnell lässt man sich von den vermeintlich innovativen
ganz neuen und einmaligen Ausbildungsideen mitreißen und verliert dabei den
roten Faden und die individuellen Bedürfnisse des eigenen Hundes aus dem Blick.
Es spricht nichts dagegen regelmäßig über den Tellerrand zu schauen und zu
prüfen, ob man nicht einzelne Trainingsideen aus anderen Konzepten zum eigenen
Repertoire hinzufügen kann, weil sie zum eigenen Hund passen. Aber wer sich vom
Methodenhopper mitziehen lässt und heute nach X Morgen nach Z und am Mittwoch
nach D trainiert, wird zwar viel kennenlernen und eine Menge Geld für Seminare
und teils sinnbefreites Trainingszubehör ausgeben, eine belastbare,
zuverlässige Ausbildung des Hundes, wird er jedoch nie zustande bringen.
Der Aufdreher
Den Aufdreher findet man vorrangig im Schutzdienst. Sein
Credo für die Arbeit lautet „Trieb, Trieb, wir brauchen Trieb“. Je höher der
Hund dreht desto besser. Ruhe wird überbewertet und Kontrolle braucht man zu
Beginn auch nicht. Der Hund soll vor Vorerwartung am besten singen und an der
Leine Pirouetten drehen, bis der Hundeführer ihn fast nicht mehr halten kann.
Schnell und willig soll der Hund beim Anblick des Helfers
sein, die ganze Welt ausblenden und nur noch die Beute im Sinn haben. Der
Aufdreher ist laut und schnell oft an der Grenze zur Hektik und gerade für
Neulinge ist er ein Rattenfänger, denn in dieser Phase seiner Arbeit sieht
alles einfach nach Spaß aus. Kaum Gehorsam, lautes Anfeuern, es geht schnell
zur Sache und alle scheinen Spaß zu haben. Keine großen technischen Übungen,
kein langes herumprobieren und keine langen Gehorsamsübungen, sondern den Hund
hochdrehen und los geht es.
Bis eines Tages das bittere Erwachen kommt. Denn bei
allem Spaß soll die ganze Übung ja irgendwann in der Prüfungsreife enden und
dann kommt Phase zwei dieser Ausbildungsmethode. Zum Aufdrehen gehört nämlich
auch das Runterschlagen und an dieser Stelle ist der Spaß vorbei und viele
Anfänger komplett entsetzt. Die Frage, wie sie ihren komplett überdrehten Hund
jemals wieder unter Kontrolle bringen wollen, haben sie erfolgreich verdrängt
oder sie wurde vom Aufdreher mit einem lässigen „das kriegen wir dann schon“
auf später verschoben.
Die Kollision mit der Trainingsrealität trifft die
meisten vollkommen unvorbereitet und lässt nur die Wahl zwischen Pest und
Cholera. Oftmals wird dieser Punkt zum Scheideweg der Sportlerkarriere. Starkzwang
wird abgelehnt und der Versuch einen Hund der ein, zwei Jahre lang gelernt hat,
beim Anblick des Helfers hysterisch zu werden, mit möglichst positiven Methoden
wieder zur Ruhe zu bringen, wird nach einigen Monaten oftmals frustriert
aufgegeben. Der Aufdreher zieht weiter und motiviert den nächsten Anfänger mit
lauten und schnellen Aktionen dazu, den Hund ruhig mit ordentlich Trieb zu
arbeiten.
Wobei man dem Aufdreher zugestehen muss, dass für ihn die
alte Weisheit von Paracelsus zutrifft, die Menge macht das Gift. In kleinen
Dosen genossen, kann er durchaus hilfreich sein, zum Beispiel um einen Hund aus
einem Motivationstief zu holen oder generell auch einfach mal in anderen
Erregungszuständen zu arbeiten. Allerdings gilt hier eben wirklich, den „Spaß“
nur kontrolliert ablaufen zu lassen und klar zu trennen, was man gerade
trainieren möchte.
….und nun wünsche ich allen dort draußen viel Spaß beim
wöchentlichen Training und viel Glück, dass er von konstruktiven und kollegialen
Mitsportlern umgeben ist und die toxischen Trainingspartner weitestgehend vermeiden
kann.
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