Mittwoch, 25. Februar 2015

Fünf toxische Trainingspartner


 
Alleine Trainieren macht keinen Spaß und ohne den Austausch mit Trainingskollegen und ein ehrliches Feedback von außen kommt man auch sehr schnell in der Ausbildung ins Stocken. Wenn man weiterkommen möchte, braucht man Hilfe von anderen Sportlern, keine Frage. Doch leider gibt es nicht nur jene, von denen man profitieren kann, mit deren Hilfe man Probleme überwinden und sich weiterentwickeln kann. Ich möchte hier nicht über die Hundesportler schreiben, die anderen aus Böswilligkeit, Neid und anderen tieferen Beweggründen absichtlich schaden wollen und das Vorankommen der potentiellen Konkurrenz wissentlich sabotieren.

Aber es gibt auch die anderen, die die nichts Böses im Schilde führen und einem dennoch auf Dauer zum Einen als Ratgeber mehr Probleme bereiten, als sie beseitigen und zum Anderen als Hilfesuchenden den letzten Nerv rauben und somit jedes Training zur Frustveranstaltung werden lassen.

Ich denke jeder ist ihnen schon mal begegnet, den toxischen Trainingspartnern, zumindest einem von den fünf Archetypen auf die ich im Folgenden etwas genauer eingehen möchte.

 

Der 5 Minuten Profi

Der 5 Minuten Profi ist in erster Linie für Einsteiger ein sehr kritischer Trainingspartner, für erfahrene Hundesportler ist er meist nur eine Motivationsbremse und nervtötendes Trainingsanhängsel. Der 5 Minuten Profi ist selbst Neuling, aber in seiner eigenen Vorstellung hat er die Lehrjahre schon längst hinter sich gebracht, denn er hat sich belesen in dutzenden Büchern, im Internet informiert und da der Nachbar seines Großvaters das in seiner Kindheit auch schon gemacht hat, weiß es bestens Bescheid. Er weiß nicht nur alles, sondern er weiß alles besser. Obwohl sein erster eigener Hund gerade einmal vier Monate alt ist und noch nie in seinem Leben ein Apportierholz gesehen hat, könnte er einem Helmut Huber genau erklären, was er in seinem bisherigen Apportaufbau alles falsch gemacht hat.

Für erfahrene Hundesportler, die ihm beim Training helfen wollen, ist der 5 Minuten Profi ein Krafträuber, der die Energie aussaugt und die Geduld auf eine harte Probe stellt. Denn egal was er macht, Hilfe von außen braucht der 5 Minuten Profi nicht, denn er hat auf YouTube bereits ein Video dazu gesehen oder in einem Buch gelesen, wie es richtig geht. Alleine trainieren möchte er jedoch auch nicht, denn immerhin braucht jedes Genie Zuschauer, die seiner Brillanz huldigen. Das ist anstrengend und vor allem unbefriedigend, weil man im Grunde nur zusehen kann, wie er auf den Super GAU zusteuert, aber keine Einmischung duldet. Früher oder später steht der 5 Minuten Profi meist alleine auf dem Platz, weil irgendwann jeder Trainingskollege es leid ist, das Elend mitanzusehen und sich für angebotene Trainingshilfe und Tipps belehren und kritisieren lassen zu müssen.

Wirklich kritisch wird es, wenn ein Anfänger in den Sog des 5 Minuten Profis gerät und sich von seinem selbstbewussten Auftreten und dem vermeintlichen Wissen blenden lässt. Dann stolpern zwei Neulinge über den Platz von denen keiner eine Ahnung hat, wo lang es eigentlich gehen sollen, die sich aber beide jegliche Einmischung verbitten. Meist endet es damit, dass der Neuling irgendwann frustriert aufgibt und die Sportart wechselt, weil trotz Unterstützung eines vermeintlichen Profis keine Fortschritte zu erzielen sind. Der 5 Minuten Profi wird nichts daraus lernen, denn wenn seine Methoden nicht funktionieren ist er nicht kritikfähig genug, um einmal zu hinterfragen, ob das Scheitern vielleicht an ihm liegen könnte. Schuld sind in einem solchen Fall immer die anderen, die sein breites Fachwissen einfach nicht umsetzen konnten.

Eines jedoch kann man vom 5 Minuten Profi auf jeden Fall lernen, das schier unerschütterliche Selbstbewusstsein trotz vollkommener Ahnungslosigkeit.

 

Der „ja aber“ Suchende

Den „ja aber“ Suchenden findet man quer durch alle Ausbildungsstadien, vom Anfänger bis hoch zum erfahrenen Hundeführer wird man immer wieder diese Spezies von toxischen Trainingskollegen finden. Für Anfänger und Sportfreunde die auf der Suche nach Unterstützung bei ihrem Training sind, ist der „ja aber“ Suchende harmlos. Er hilft wo er kann und je nach seinem Wissen und Ausbildungsstand kann er als Unterstützung für andere gute Dienste leisten und eine Bereicherung sein. Für Trainer und Ausbildungswart ist der „ja aber“ Suchende jedoch ein Sargnagel par excellence. Denn für seine eigenen Trainingsprobleme nach der Grundausbildung ist der „Ja aber“ Suchende nicht wirklich an Lösungen interessiert, er sucht nicht nach Wegen zur Verbesserung der eigenen Leistung, er sucht nach Ausreden, wieso das Ganze jetzt gerade nicht so läuft, wie es sein sollte.

Wenn der Hund zögernd absitzt ist wahlweise der Boden oder das Wetter schuld, hält der Hund das Holz unruhig, liegt es am Holz und wenn der Hund unkonzentriert arbeitet liegt es am Spielzeug, den Mondphasen oder dem lila Elefanten, der am Morgenspaziergang den Weg kreuzte.

Er möchte zwar unterstützt werden und kleinere Tipps und Korrekturen dringen manchmal bis zu ihm durch, doch am großen Ganzen möchte er nichts ändern. Ihm ist durchaus bewusst, dass das Bild, das er und sein Hund abgeben nicht immer ideal ist, doch in seiner Vorstellung liegt das nicht an Ausbildungsfehlern, sondern stets an äußeren Einflüssen, die ihn und seinen Hund just in diesem Moment hemmen und behindern.

An seiner Ausbildungsweise und dem eigentlichen Können seines Hundes und auch seiner Person, zweifelt der „Ja aber“ Suchende keine Sekunde. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er bei schlechten Prüfungsergebnissen selten daran denkt, an bestimmten Übungen weiter oder mit veränderten Voraussetzungen zu trainieren, sondern eher nach dem idealen Richter, dem geeigneten Platz, dem passenden Helfer und dem besseren Wochentag für Prüfungen sucht.

 

Der Diktator

Der Diktator ist ein Relikt aus (noch nicht lange genug) vergangenen Zeiten, in denen es noch zum guten Ton gehörte, dass der Hund auf der Prüfung mit angelegten Ohren und eingekniffener Rute neben dem Hundeführer herschlich. Seine Arbeitsweise stammt aus einer Zeit, in der die einzige übliche Belohnung das Ausbleiben von Strafe war. Ausgebildet wurde über Zwang, Starkzwang und wenn das nicht ausreichte über sinnlose Gewalt.

Die Arbeit des Diktators sieht nie nach einem harmonischen Zusammenspiel zwischen Hund und Hundeführer aus, es ist ein ständiger Kampf. Es fallen ständig Begriffe wie „den Hund runtermachen“, „das muss er aushalten“, „dem zeig ichs schon noch“… ein Krieg gegen den eigenen Hund auf dem Trainingsplatz.

Für den Trainer der hier etwas Verständnis für moderne Ausbildungsmethoden wecken möchte, eine schier unlösbare Aufgabe. Man müsste meinen, dass der Diktator für Anfänger ein abschreckendes Beispiel und daher höchstens ein Ärgernis aber keine Gefahr darstellt. Doch bizarrer Weise findet auch in der modernen Zeit die Denkweise, dass ein Hund von Anfang an auch ohne jegliche Belohnung arbeiten muss, wieder vermehrt Anhänger. Zwar wird hier zu Beginn meist eine eher romantische Vorstellung von der Zusammenarbeit verfolgt, der Hund soll aus Liebe zum Hundeführer ganz ohne „Bestechung“ durch jegliche Belohnung arbeiten.

So harmlos es im ersten Moment klingen mag, der Weg zum Diktator ist nicht mehr weit. Zwar wird in den seltensten Fällen der Ungehorsam noch mit körperlichen Strafen sanktioniert, dafür greift man auf psychischen Stress zurück. Begonnen vom einfachen Ignorieren bis hin zur zeitweisen vollkommenen Isolation werden „gewaltfreie“ Strafen ersonnen, um dem Hund klar zu machen, dass er seinen Menschen mehr „lieben“ muss und doch bitte aus dieser besonderen Beziehung heraus, alles lernen und ausführen soll, um seinen Menschen glücklich zu machen.

 

Der Methodenhopper

Der Methodenhopper kennt sie alle, die großen Namen und ihre kleinen Trainingsweisheiten. Er war auf dutzenden Seminaren, hat mit Fuchs apportiert, mit Föry gefährtet und mit Lind Welpenprägung betrieben. Selbstverständlich hat er sich für die einzelnen Ausbildungsrichtungen nicht nur das notwendige Knowhow gesammelt, sondern sich auch mit dem entsprechenden Zubehör eingedeckt. Mit Feuereifer stürzt er sich auf seine neuen Erkenntnisse, um diese sofort in den Trainingsalltag aufzunehmen. Das Training vom letzten Monat war komplett veraltet und überflüssig, es wird alles auf die Erkenntnisse des letzten Meisters bei dem man in der Lehre (Seminar) war umgestellt.

Der Methodenhopper hat vieles gesehen, vieles gelernt, vieles ausprobiert und doch nie etwas zu Ende geführt und konsequent durchgearbeitet. Er mag immer die neuesten Erkenntnisse der einzelnen Seminarveranstalter kennen, doch was ihm fehlt ist der rote Faden in der Ausbildung, die Basis auf der sein Hund gearbeitet wird.

Helfen kann ihm beim Training im Verein kaum jemand, denn niemand war mit auf seinem neuesten Ausbildungswochenende und kann somit seine neuen Wege nicht nachvollziehen. Kritiker bedenkt er gerne mit einem mitleidigen Lächeln, da sie in seinen Augen nicht bereit sind, sich weiterzuentwickeln und ewig an einem überholten Trainingsansatz haften bleiben. Denn der Methodenhopper selbst hat ja auf seiner neuesten Bildungsreise gelernt, wie man es richtig macht. Würde dieser Trainingspartner auf einem seiner Seminarbesucher wirklich DIE Antwort auf seine Fragen finden, wären alle glücklich. Denn jeder Ausbilder freut sich, wenn ein Mitglied seinen passenden Weg in der Ausbildung findet. Doch leider gibt es den passenden Weg für den Methodenhopper nicht. Denn jeder neue Weg, ist der richtige – für den Moment.

Nach wenigen Wochen und anderen Erkenntnissen von einem neuen Guru, wird das Training wieder von Grund auf über den Haufen geworfen und komplett neu aufgezogen, denn Stillstand – auch in der Methodik – bedeuten den Tod des Fortschritts.

Darum kauft er heute Apportierholz und Apportierstachel nach Guru F, nach zwei Wochen wirft er beides auf den Müll und bestellt das Spezial Holz nach xy, das ebenfalls noch kurzer Zeit in Vergessenheit gerät, weil man auf einem neuen Seminar wieder eine andere, absolut einzigartige Methode des Apportaufbaus gelernt hat, die die einzig seligmachende Wahrheit vermittelt.

Der Hopper wechselt die Ausbildungsarten schneller als seine Trainingskollegen die Trainingsjacken und stürzt sich mit voller Begeisterung in jede neue Methode und verteufelt im selben Atemzug die bisherigen, da ihn ja keine davon zum Erfolg geführt hat.

Wer in die Obhut eines Methodenhoppers gerät, sollte große Vorsicht walten lassen. Zu schnell lässt man sich von den vermeintlich innovativen ganz neuen und einmaligen Ausbildungsideen mitreißen und verliert dabei den roten Faden und die individuellen Bedürfnisse des eigenen Hundes aus dem Blick. Es spricht nichts dagegen regelmäßig über den Tellerrand zu schauen und zu prüfen, ob man nicht einzelne Trainingsideen aus anderen Konzepten zum eigenen Repertoire hinzufügen kann, weil sie zum eigenen Hund passen. Aber wer sich vom Methodenhopper mitziehen lässt und heute nach X Morgen nach Z und am Mittwoch nach D trainiert, wird zwar viel kennenlernen und eine Menge Geld für Seminare und teils sinnbefreites Trainingszubehör ausgeben, eine belastbare, zuverlässige Ausbildung des Hundes, wird er jedoch nie zustande bringen.

 

Der Aufdreher

Den Aufdreher findet man vorrangig im Schutzdienst. Sein Credo für die Arbeit lautet „Trieb, Trieb, wir brauchen Trieb“. Je höher der Hund dreht desto besser. Ruhe wird überbewertet und Kontrolle braucht man zu Beginn auch nicht. Der Hund soll vor Vorerwartung am besten singen und an der Leine Pirouetten drehen, bis der Hundeführer ihn fast nicht mehr halten kann.

Schnell und willig soll der Hund beim Anblick des Helfers sein, die ganze Welt ausblenden und nur noch die Beute im Sinn haben. Der Aufdreher ist laut und schnell oft an der Grenze zur Hektik und gerade für Neulinge ist er ein Rattenfänger, denn in dieser Phase seiner Arbeit sieht alles einfach nach Spaß aus. Kaum Gehorsam, lautes Anfeuern, es geht schnell zur Sache und alle scheinen Spaß zu haben. Keine großen technischen Übungen, kein langes herumprobieren und keine langen Gehorsamsübungen, sondern den Hund hochdrehen und los geht es.

Bis eines Tages das bittere Erwachen kommt. Denn bei allem Spaß soll die ganze Übung ja irgendwann in der Prüfungsreife enden und dann kommt Phase zwei dieser Ausbildungsmethode. Zum Aufdrehen gehört nämlich auch das Runterschlagen und an dieser Stelle ist der Spaß vorbei und viele Anfänger komplett entsetzt. Die Frage, wie sie ihren komplett überdrehten Hund jemals wieder unter Kontrolle bringen wollen, haben sie erfolgreich verdrängt oder sie wurde vom Aufdreher mit einem lässigen „das kriegen wir dann schon“ auf später verschoben.

Die Kollision mit der Trainingsrealität trifft die meisten vollkommen unvorbereitet und lässt nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Oftmals wird dieser Punkt zum Scheideweg der Sportlerkarriere. Starkzwang wird abgelehnt und der Versuch einen Hund der ein, zwei Jahre lang gelernt hat, beim Anblick des Helfers hysterisch zu werden, mit möglichst positiven Methoden wieder zur Ruhe zu bringen, wird nach einigen Monaten oftmals frustriert aufgegeben. Der Aufdreher zieht weiter und motiviert den nächsten Anfänger mit lauten und schnellen Aktionen dazu, den Hund ruhig mit ordentlich Trieb zu arbeiten.

Wobei man dem Aufdreher zugestehen muss, dass für ihn die alte Weisheit von Paracelsus zutrifft, die Menge macht das Gift. In kleinen Dosen genossen, kann er durchaus hilfreich sein, zum Beispiel um einen Hund aus einem Motivationstief zu holen oder generell auch einfach mal in anderen Erregungszuständen zu arbeiten.  Allerdings gilt hier eben wirklich, den „Spaß“ nur kontrolliert ablaufen zu lassen und klar zu trennen, was man gerade trainieren möchte.

 

….und nun wünsche ich allen dort draußen viel Spaß beim wöchentlichen Training und viel Glück, dass er von konstruktiven und kollegialen Mitsportlern umgeben ist und die toxischen Trainingspartner weitestgehend vermeiden kann.

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