Freitag, 27. März 2015

Erzieh gewaltfrei... sonst knallt es!


 
 
 
 
Ich denke es hat keinen Sinn es zu leugnen, deshalb bekenne ich mich lieber gleich von Anfang an zu der Tatsache, dass ich definitiv nicht zur Fraktion der „alles durch positive Verstärkung und nur durch positive Verstärkung und nichts als positive Verstärkung“ Fraktion gehöre. Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass ich in der Ausbildung Gewalt anwende, doch das Prinzip der körperlichen Korrektur ist meinen Hunden nicht fremd – weder den aktuellen noch den früheren.
Ich persönlich halte das Konzept der Erziehung und Ausbildung nur durch positive Bestärkung in meinem Lebensumfeld auch nicht für wirklich umsetzbar. Ist Cardassia gerade dabei unter den Nachbarshühnchen, die sich mal wieder in meinen Garten verirrt haben, ein Massaker anzurichten, überlege ich kein Alternativverhalten, das ich anbieten und positiv verstärken könnte und ich bin auch nicht gewillt das Ganze zu ignorieren in der Hoffnung, dass sie das Interesse verliert, wenn die Bestätigung von meiner Seite ausbleibt…. Nein, es gibt einen donnernden Befehl und Madame wird an dem Körperteil, das ich zuerst zu fassen bekomme nicht besonders sanft von ihrem auserwählten Opfer weggezerrt.
Aber um die Frage ob Erziehung und Ausbildung nur über positive Bestätigung überhaupt funktionieren kann, soll es hier nicht gehen. Die Thematik wurde bereits hunderte Male durchgekaut und dass eine Einigung der feindlichen Parteien nicht wahrscheinlich ist, war schon nach der ersten Behandlung der Frage absehbar. Wesentlich interessanter finde ich hingegen aktuell die extreme Diskrepanz die die „wir erziehen rein positiv“ Hundehalter (nennen wir sie doch einfachheitshalber WERP) in ihrem Verhalten gegenüber Mensch und Hund zeigen.
Ich wohne im direkten Einzugsgebiet einer der Vorreiterhundeschulen in der WERP Bewegung und habe somit zwangsläufig fast täglich Kontakt mit Vertretern dieser Philosophie. Doch auch in diversen online Foren trifft man sie immer häufiger. Menschen die in ihren Signaturen Phrasen wie „Gewalt beginnt, wo Wissen endet“ oder Schopenhauers „Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken.“ Auch Astrid Lindgren muss mit „Man kann in die Tiere nichts hineinprügeln, aber man kann manches aus ihnen herausstreicheln“ oftmals herhalten. Zitate die eine friedliche, liebevolle Grundeinstellung nach außen tragen sollen. Die Botschaft ist klar für alle zu erkennen und wird plakativ nach außen getragen: Wir sind gegen Gewalt, wir haben eine höhere Ebene erreicht und haben Auseinandersetzungen auf solch niedrigem Niveau nicht mehr nötig.
Es werden fleißig Artikel wie „Köpfchen statt Knöpfchen“ von C. v. Reinhart geteilt und Aktionen wie „Stachler gegen Trainingsstunde“ beworben. Alles wirkt friedlich und kultiviert, bis eines Tages einer daher kommt und es wagt den Vorstellungen der WERPs zu widersprechen oder noch schlimmer, gegen ihre Leitsätze zu verstoßen.
Plötzlich werden Weiber zu Hyänen und hinter den Masken der Pazifisten treten blutrünstige Berserker hervor, die nach Lynchjustiz plärren. Sehr schön zu sehen war dieser plötzliche Gewaltausbruch zuletzt anlässlich Herrn Grewes „Schüsselaffäre“. Plötzlich strömten User aus allen Himmelsrichtungen zusammen, die am Vortag noch gepredigt hatten, dass Gewalt zu verabscheuen sei und drohten einem Mann, den sie nie persönlich kennengelernt hatten öffentlich damit, ihn zusammenzuschlagen und schlimmeres, sollte er ihnen je begegnen.
Ein ähnliches Bild zeigte sich, als vor einigen Monaten die Falschmeldung über den Tod des amerikanischen Hundetrainers Cesar Millan durch Facebook geisterte. Statt Beileidsbekundungen klatschen die WERPs Applaus. Es wurde sich erleichtert darüber gezeigt, dass der „Dreckskerl endlich bekommen hat, was er verdient“. Nachdem der Hoax aufgeklärt worden war, zeigten sich viele enttäuscht. Eine Userin bedauerte es mit den Worten: „Schade, ich hätte es dem wirklich gegönnt.“ Eine Frau, die es am Tag zuvor aufs übelste verurteilt hatte, dass ein Hund für ein Fehlverhalten angeschrien wurde, wünschte einem Familienvater den Tod.
In Worten und dem Hund gegenüber predigen die WERPs den absoluten Gewaltverzicht und Gewalt beginnt bei ihnen sehr früh. Mit den Mitmenschen ist man jedoch lange nicht so zimperlich. Wer nicht für die WERPs ist, ist gegen sie und mit Feinden kennt man nun mal keine Gnade.
Beschimpfungen, Diffamierungen und Bedrohungen sind an der Tagesordnung und man steht oftmals fassungslos da angesichts der Tatsache wie aggressiv und gewaltbereit, sich die gewaltfreie Bewegung doch zeigt.
„Wenn ich je einen erwische, hau ich ihm in die Fresse“ ist ein gängiger Kommentar auf Facebook, wenn aversive Methoden gezeigt werden. Bei Bildern von verletzten Tieren folgen Androhungen von Selbstjustiz, Folter und Kastration. Online Hetzkampagnen gegen potentielle Tierquäler werden über die sozialen Netzwerke gestartet, Drohungen werden ausgestoßen und man versucht sich krampfhaft daran zu erinnern, dass diese Leute für Gewaltfreiheit in der Hundeausbildung stehen.
Egal wie man es dreht und wendet, dem normalen Menschenverstand will es einfach nicht einleuchten, wieso man dem Hund gegenüber so sanft ist und gegen die Mitmenschen mit unerbittlicher Härte vorgeht. Natürlich kommt dann sehr schnell das Argument, dass der Hund der bessere Mensch sei, die weniger korrumpierte Lebensform, der man mehr Respekt zollen muss.
Sei es wie es wolle. Am Ende bleibt einem nur eine Erkenntnis: Als Hundehalter sollte man immer auf der Hut und gut zu seinem Hund sein. Denn sonst kommt einmal der Tag an dem man einem Vertreter der gewaltfreien Hundeerziehung begegnet und herausfinden darf, ob die WERPs nur in der Anonymität des Internets gerne zur Gewalt aufrufen oder ob wirklich die Devise gilt: Erziehe gewaltlos, sonst hau ich dir eine aufs Maul…
 
 
 

 
 
 
 

 

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