Wir wollen alle eine gute Figur machen, niemand fühlt
sich gerne blamiert. Wir wollen einen positiven Eindruck machen, egal was wir
tun, es soll gut aussehen und uns gut aussehen lassen. Ein natürliches
Bedürfnis der meisten Menschen. Doch leider treibt dieses Verlangen gerade auf
Hundesportplätzen immer seltsamere Blüten.
Das erste Mal fiel es mir im vergangenen Jahr auf einem
Trainingswochenende auf. Ein Teilnehmer präsentierte seinen jungen Hund. Eine
schöne ansehnliche Vorstellung, ein wenig Fußlaufen, ein paar Winkel, Abrufen
aus dem Platz. Der Hund arbeitete freudig und alles war hübsch anzusehen. Auf
die Frage nach anderen Übungen, meinte der Hundeführer, nein, habe er bislang
mit dem Hund noch nicht begonnen. Das Angebot mal eine andere Übung zu
versuchen und sich mögliche Herangehensweisen zeigen zu lassen, wurde vehement
abgelehnt. So was wolle man zuerst in Ruhe Zuhause im Garten ausprobieren. Mehr
wurde dazu nicht mehr gesagt.
Hielt ich das damals noch für den persönlichen Spleen
dieses einen Teilnehmers, ist es mir in den folgenden Monaten immer öfter
aufgefallen, dass es immer mehr Hundesportler zu geben scheint, für die der
Übungsplatz nicht mehr zum Üben da ist, sondern die vor den Sportkollegen nur
noch die einstudierte Show aufführen.
Anderes Trainingswochenende, gute 40 Teilnehmer, anwesende
Hunde der Teilnehmer… vier Stück. Auf die Nachfrage, wieso niemand seinen Hund
dabei hat folgte ein kollektives Schulterzucken. Es war nicht das Wetter
schuld, nicht die Frage nach der Anreise mit Hund. Nach anfänglichem Schweigen
kamen die ersten Eingeständnisse aus den Reihen. „Hier trainieren Hundeführer
die hoch führen, was soll ich da vorzeigen?“ Und wieder war sie da, die
allgegenwärtige Angst sich vor den anderen, vor vermeintlich besseren
Hundeführern zu blamieren. Doch auch Statements in die andere Richtung
erfolgten. Man habe schließlich einen Ruf zu verlieren, wie würde es denn
aussehen, wenn man sich hier zum Hampelmann macht, weil der Hund heute keine
Lust hat zu arbeiten. Da lachen einen dann die Anfänger aus und erzählen
weiter, dass der XY nur große Töne spuckt und seinen Hund nicht geregelt
bekommt.
Ich kannte den betreffenden Hundeführer nicht, also so
groß und überragend konnte sein Ruf nicht sein, bis zu mir war er auf jeden
Fall nicht vorgedrungen. Aber dennoch war er besorgt bei einem öffentlichen
Training sein Gesicht zu verlieren.
Später tönen sie dann oft, man wolle ja nicht jeden
Pfuscher an den eigenen Hund lassen, am Ende verdirbt einem der noch alles und
so lange man nicht wisse, wie gearbeitet wird, hält man seinen Hund da besser
fern. Verständlich, aber wenn man dieselben Teilnehmer zum dritten Mal bei
diesem Ausbilder sieht, fragt man sich irgendwann, wann sie denn endlich davon
überzeugt sind, dass dieser Jemand sein Handwerk versteht. Andere verkünden, man
wolle sich nicht überall drein reden lassen, schließlich wisse man selber, was
man tut. Wieso man dann Geld für ein Seminar ausgibt… keine Ahnung.
Eine traurige Entwicklung, die immer weiter um sich
greift. Natürlich gehören die Arbeit zu Hause und die Einheiten außerhalb des
Hundeplatzes zum Training dazu, ohne sie geht es nicht. Doch ist es einfach
schade und nicht sehr förderlich für die Gemeinschaft innerhalb des Vereins,
wenn die gemeinsame Trainingszeit im Verein zu einem reinen Showlaufen der
Eitelkeiten wird. Man studiert zuhause seine kleinen Tricks ein, legt sich die
Übungen zu recht, bei denen man besonders gut aussieht und präsentiert sich und
seinen Hund dann von der besten Seite, um möglichst viel Applaus einzuheimsen.
Lösungen erarbeiten, auch einmal Misserfolg haben und
daraus lernen und auch Fehler erkennen und neue Wege einschlagen, all das
verschwindet immer mehr aus der Öffentlichkeit, ab ins stille Kämmerlein, wo
einem niemand zusehen kann. Auf der einen Seite lauert immer die Angst, dass
die Tierschutztaliban im Tarnanzug im Gebüsch sitzen und nur darauf warten eine
unglückliche Situation zu filmen, die sich mit etwas kreativen Schnitt und
dramatischem Voice-Over zu Tierquälerei umdichten und im nächsten „Aufklärungsvideo“
verwenden lässt, auf der anderen Seite steht das eigene Ego, das nicht zulassen
möchte, dass man vor den Anderen einen Fehler begeht.
Es fehlt nicht mehr viel und manche Hundesportler werden
nur noch zu Prüfungen irgendwo in Erscheinung treten und den Rest der Ausbildung
irgendwo versteckt und gut verborgen absolvieren, bis sie reif für ihre
Showkarriere vor dem Richter sind. Oder bis sie irgendwo auf ihrer privaten gut
versteckten Trainingswiese in Schönheit gestorben sind, weil es ihnen nie
gelungen ist, ihre Show genug zu perfektionieren, um damit vor die Augen der
anderen treten zu können.
Ich hoffe sehr, dass ich die Endphase dieser gruseligen
Entwicklung nicht mehr miterleben werde und immer Hundeführer um mich haben
werde, denen es nicht darum geht, möglichst gut dazustehen, sondern die in
erster Linie Wert darauf legen gemeinsam mit ihrem Hund und ihren
Trainingskollegen zu lernen.
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