Als Frau ist man diese Übergriffigkeit ja im Grunde bereits seit Kindertagen gewöhnt. „Lächel doch mal, das sieht gleich viel hübscher aus“ oder „Guck doch mal freundlich, dann wissen die Leute, dass du glücklich bist.“
Aus manchen Sportarten kennt man es auch, dass die Sportler mit einem fest getackerten Grinsen durch ihre Prüfung gehen, was jedoch eher etwas von Batmans Joker, als von einem Ausdruck der Freude hat. Bislang sind wir Hundesportler verschont geblieben. Ja, es gab immer mal wieder Ausbilder, die ihre – vor allem die weiblichen – Hundeführer auf das Eiskunstlaufgrinsen beim Vorführen gedrillt haben, aber die waren die Ausnahme.
Doch nun haben findige Pseudofachleute in den sozialen Medien festgestellt, dass der Gesichtsausdruck des Hundeführers in direktem Zusammenhang mit seinen Gefühlen für seinen Hund und seinen Umgang mit diesem stehen muss. Nein, leider kein verfrühter Aprilscherz. Zu sehen war ein Video von einem namhaften Hundeführer und Ausbilder. Welche Prüfung es war, stand nicht dabei, allerdings darf man davon ausgehen, dass es mindestens überregional war, da bei der Vorführung Starnummern getragen wurden. Zusehen war ein hervorragend arbeitender Hund und ein hochkonzentrierter und kontrollierter Hundeführer. Ein harmonisches Team, das nichtsdestotrotz einen gewissen Stresslevel ausstrahlte, worauf man sich sofort wie die Geier stürzte.
An der verbissenen Miene würde man ja bereits sehen, was das für einer sei. Der macht das nicht aus Spaß, sondern aus Geltungssucht. So böse wie der guckt, ist der bestimmt gemein zu dem Hund, wenn der nicht spurt…
Die Fantasie der selbsternannten Profis lief Amok und ich bekam Schleudertrauma vom Kopfschütteln. Ich frage mich, ob diese Menschen, die so einen Unsinn von sich geben, schon einmal eine Prüfung gelaufen sind. Man ist nervös, egal wie gut vorbereitet man ist, egal wie oft man das schon gemacht hat, besonders wenn es weiterführende Prüfungen sind. Man ist hochkonzentriert, denn ja, auch dem Hundeführer verlangt gutes Vorführen auf der Prüfung einiges ab. Auch wenn man gerne glaubt, man latscht da nur s auf dem Platz rum und der Hund muss nur ausgebildet sein. Nein, auch der Hundeführer muss einiges beachten und diszipliniert und kontrolliert arbeiten. Sportler sind keine Schauspieler und keine Models. Wir haben nicht gelernt, in jeder Lebenssituation hübsch und präsentabel auszusehen. Das Beste was Sportler mit etwas Training hinbringen, ist das seelenlose Eislaufgrinsen und ob das nun wirklich die bessere Wahl ist, lass ich mal dahingestellt.
Wer jedoch glaubt, aus der Gesichtskirmes eines hochkonzentrierten Sportlers etwas über dessen Charakter aussagen zu können, sollte vielleicht über eine Zweitkarriere als Hellseher nachdenken. Denn entweder man hat eine außergewöhnliche Begabung, die man nutzen sollte oder man ist ein selbstverliebter Dummschwätzer und passt gut zu der Truppe, die in nächtlichen Werbungen auf AstroTV läuft und den Esoterikquark an leichtgläubige Zuhörer verkauft.
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