Der Slogan wird einem alle Nase lang um die Ohren
gehauen. „Adopt don’t shop“ springt einem auf social Media bei allen möglichen
und unmöglichen Gelegenheiten entgegen. Keine Ahnung wer diese Phrase geprägt
hat, bekannt gemacht hat sie PeTA in riesigen Kampagnen und nun findet man sie
überall, egal wie unpassend sie eigentlich ist.
Gemeint ist mit dem Spruch, man solle doch einen Hund aus
dem Tierheim bei sich aufnehmen („adopt“) und nicht einen vom Züchter („shop“).
Der Spruch ist eingängig klingt cool, lässt sich auch noch mit einem halben
dutzend Ausrufezeichen unterstreichen oder je nach aktueller Situation mit
Herzismilies oder weinenden Smilies ausschmücken, je nachdem ob man gerade jemandem
zum neuen Hund beglückwünschen oder jemand anderem ein schlechtes Gewissen
einreden will.
Der Spruch soll für die Aufnahme eines Tierschutzhundes
werben. Doch seien wir mal ehrlich, liebe „Adopt don’t shop“ Jünger, unterm Strich
betrachtet, ist die ganze Kampagne mit dem schicken Slogan doch nur eine
Mischung aus Selbstbetrug und Selbstbeweihräucherung.
Vergleichen wir mal den Ablauf beim Züchter(„shop“) und
beim Tierschutz („adopt“).
Beim Züchter:
Man entscheidet sich, dass man einen Hund haben möchte,
sucht sich einen Züchter aus und nimmt Kontakt auf. Man unterhält sich über die
Vorstellungen, die man von der Hundehaltung hat, was man vom Hund erwartet, der
Züchter erzählt einem, was er von seinen Käufern erwartet und dann entscheiden
beide Seiten, ob sie den Kauf abwickeln wollen. Fällt auf beiden Seiten die Entscheidung
positiv aus, macht man einen Vertrag, bezahlt den Kaufpreis und an Tag X holt
man den Hund beim Züchter ab.
Im Tierschutz:
Man entscheidet sich, dass man einen Hund haben möchte,
sieht sich im Tierschutz um, sucht sich entweder einen bestimmten Hund aus und
nimmt Kontakt zu der betreuenden Organisation auf oder geht zum örtlichen
Tierheim. Man unterhält sich über die Vorstellungen, die man vom eigenen Hund und
der Hundehaltung hat, der Tierschutz erklärt, was er von den Leuten im Allgemein
und im Speziellen für Hund X erwartet und dann entscheiden beide Seiten, ob sie
Hund X wollen bzw. ob sie Hund X an den Interessenten abgeben wollen. Fällt bei
beiden die Entscheidung positiv aus, macht man einen Vertrag, bezahlt die „Schutzgebühr“
und man nimmt den Hund aus dem Tierheim mit, holt ihn aus der Pflegestelle ab
oder bekommt ihn aus dem Ausland „geliefert“.
Natürlich werden jetzt einige aufjaulen, dass das gar
nicht so schnell geht und man im Tierschutz doch viel mehr Kontrollen hat und
der Züchter doch eh immer ja sagen wird, weil er seine Hunde ja zu Geld machen
will… aber seien wir mal ehrlich. Das ist die Grundstruktur sowohl bei „shop“ wie
auch bei „adopt“ und auch wenn es die Tierschützer nicht gerne hören, auch im
Tierschutz kauft man sich schlicht und ergreifend einen Hund. Egal unter wie
vielen Pseudonymen man das Geschäft verschleiert und welch blumige
Umschreibungen man findet, man kauft den Hund. Man sucht sich einen aus, wenn
der Verkäufer dem Geschäft zustimmt, wechseln Geld und Hund den Eigentümer
(ungeachtet ungültiger Klauseln im „Schutzvertrag“) und der Kauf ist
abgeschlossen.
Es wird kein Hund aus dem Tierschutz adoptiert, sie
werden schlicht verkauft. Nicht kostendeckend und nicht mit
Gewinnerzielungsabsicht, doch diese Punkte machen aus einem Kauf noch lange
keine Adoption.
Und dennoch laufen viele Tierschützer Amok, wenn man das
Kind beim Namen nennt und ihre „Adopt don’t Shop“ Hymne als das entlarvt, was
sie ist. Man reagiert hochemotional, denn es ist genau das, worum ist bei
diesem Slogan geht. Es geht darum Emotionen zu schüren und sich selbst gut zu
fühlen. Es besteht kein Interesse daran, sachlich pro Tierschutz zu
argumentieren und sich mit Fakten auseinanderzusetzen. Es geht darum mitten in
die Emotionen zu treffen und Stimmung zu machen. Denn „Adopt don’t shop“ sagt
so viel mehr aus, als man auf den ersten Blick erkennen mag. Die Wortwahl
verbirgt so viel mehr als nur ein einfaches „ich möchte den Tierschutz
unterstützen“. Sie setzt dem Verwender, der sich im Tierschutz seine Tiere sucht
gleich zum Nulltarif den Heiligenschein des moralisch besseren Menschen auf.
Denn das „adopt“ impliziert schon die Intention dahinter. Man hat sich nicht
einfach einen Hund geholt. Nein, man hat sich ein Familienmitglied ins Haus
geholt, gleichberechtigt und gleichwertig und man ist bereit alle Strapazen im
Vorfeld auf sich zu nehmen, denn die Prozedur des „adopt“ birgt wesentlich
höhere Ansprüche als das schlichte „shop“. Beim „shop“ geht man den einfachen
Weg. Man konsumiert einfach nur. Ein Welpe, ein fünftes Paar Schuhe, eine Dose
Cola… kein Unterschied. Mit „shop“ erwirbt man unemotional und ungebunden die
Rechte an einer Sache. Man holt sich kein gleichwertiges Familienmitglied ins
Haus, sondern einen Konsumartikel, einen Sklaven.
Denn im Tierschutz geht es schon seit langem nicht mehr
ausschließlich um das Wohlergehen der Hunde. Es geht um die großen Emotionen
und auch wenn sich niemand dazu bekennen würde, auch die ganze
Eigenmarketingmaschinerie ist darauf ausgelegt. Die Geschmacksrichtung läuft
ins Bittersüße. Niedlich/hübsch mit einem Schuss Melodramatik verkauft sich am
Besten. Und diese Masche zieht sich durch immer mehr Tierschutzseiten wie ein
roter Faden. Die Bilder werden danach ausgesucht, teilweise auch gestellt,
damit man diese Mischung zustande bringt und auch die Beschreibungen der Hunde
quellen über vor Geschichten von den lieben und verschmusten Tieren, denen der
Vorbesitzer das Herz gebrochen hat. Man nimmt sich auch mal die ein oder andere
künstlerische Freiheit, um die Werbeaussage richtig rüber zu bringen. Denn wen
interessiert schon die wahre Hintergrundgeschichte, wenn die leicht bearbeitete
die Message besser auf den Punkt bringt und potentiellen Interessenten und
Spendern das richtige Gefühl gibt und ihre Herzen, Türen und Bankkonten öffnet.
„Adopt don’t shop“ reiht sich damit in die unrühmliche
Liste der Werbelügen ein, irgendwo zwischen den gesunden Schokoladefrühstücksflocken
für Kinder und der Ochsenschwanzsuppe ohne Ochsenschwanz. Auch im Tierschutz
hat das Marketing eingesetzt und man sollte sich den Mechanismen solcher Werbeslogans
bewusst sein. Egal ob im Tierschutz oder beim Züchter, am Ende kauft man sich
sein Haustier und gut fühlen sollte man sich dabei nur, wenn man das wohl
überlegt und seriös macht, ungeachtet des Titels des Verkäufers und nicht, weil
die Marketingabteilung den Heiligenscheinbausatz als Werbegag gleich gratis zum
Vertragsabschluss mitliefert.