Donnerstag, 15. Oktober 2015

Bruder DV schläfst du noch...


…schläfst du noch? Hörst du nicht die Glocken, hörst du nicht die Glocken? Ding, Ding Dong…

In anderen Vereinen haben sie schon die neue Ära eingeläutet. Selbst der SV der weithin als DAS Sinnbild schlecht hin für verstaubte Altherrenriege gilt, schafft Schritt für Schritt den Weg in die Neuzeit. Neue Trainingswege, flächendeckend zugängliche Informationen rund um Zucht, Sport und Gesundheit dank den neuen Medien und offene Diskussionen rund um Probleme der Rasse, all das hält Einzug in den anderen Vereinen und Verbänden.

Und der DV? Der scheint hinter einer Dornenhecke noch im Dornröschenschlaf zu schlummern und von alle dem nichts mitzubekommen.

Egal ob in Bereichen der Gesundheit, der Ausbildung, der Zucht oder der schieren Bereitstellung von Informationen, der DV verschläft die Zeichen der Zeit und während andere fleißig ihre Internetseiten bearbeiten, um Mitgliedern und Rassefreunden immer die neuesten Informationen breitzustellen, dreht man sich im DV noch einmal um und zieht sich die Decke über den Kopf.

Es ist derzeit schlicht nicht möglich, vernünftige Informationen rund um Veranstaltungen des DV zu bekommen. Und dabei geht es hier nicht um kleine Ortsgruppenprüfungen in Hinterdupfing oder Spaßturniere, selbst bei der LGA grenzt es an Glück, wenn man als Nicht-Starter erfährt, wo und wann diese stattfinden. Davon vorab eine Liste der Teilnehmer zu finden, darf man nicht einmal träumen.

Wer es trotz der schlechten Nachrichtenlage auf eine Veranstaltung schafft, bekommt ein breites Leistungsspektrum präsentiert. Auf der einen Seite sieht sehr ansprechende moderne Arbeiten von gut ausgebildeten Hunden, auf der anderen sieht man Teams, bei denen man sich fragt, wie sie jemals auch nur eine Ortsgruppenprüfung bestehen konnten. Dabei hat man nie den Eindruck, dass Hund und Hundeführer einfach nur einen schlechten Tag oder schieres Pech hatten, man sieht die Spuren von längst überholten Ausbildungsmethoden und Zielen. Endgültig vom Glauben fällt man jedoch ab wenn der Leistungsrichter bei der Beurteilung eines startenden Kollegen zum Drei-Punkte-Richter mutiert und mit größter Anstrengung mehrmals einen Abbruchgrund während der Prüfung übersieht. Ein Wort der Warnung sei an dieser Stelle auch an all jene Zuschauer gerichtet, die sich bei der Prüfung ablenken lassen oder noch schlimmer, gar nicht erst angereist sind: Auf die Online-Präsentation der Prüfungsergebnisse werdet ihr vergeblich hoffen. Wer also wissen möchte, wieso Hund X Punktezahl Y bekommen hat und vor allem, welche Punktzahl das im Einzelnen war, muss persönlich und mit wachen Ohren vor Ort sein.

Generell beschleicht den Sportler das Gefühl, dass das Thema Dobermann als Gebrauchshund beim DV keine besondere Relevanz mehr hat. Wieso man den letzten verbliebenen Sportlern, die der Rasse noch die Treue halten und nicht ganz modern einen Mali am Strick führen,  das Leben so schwer macht und ihre Leistungen so wenig würdigt, wird wohl ein ewiges Rätsel bleiben.

Ebenso unbegreiflich wird der derzeitige Umgang des DV mit dem Thema Rassegesundheit bleiben. Es ist verständlich, dass man sich angesichts der massiven Attacken und der breitangelegten Hetze gegen den Verein vorsichtig mit öffentlichen Äußerungen geworden ist. Das unangemessene Benehmen der Gegner kann aber keine Entschuldigung dafür sein, dass sich der DV wie die Schildkröte in den Panzer zurückzieht und alle Probleme einfach leugnet. Niemand erwartet, dass der Vorstand morgen wie der Deus ex Machina aus dem Nichts auftaucht und die Antwort auf alle Fragen inklusive der erhofften Lösung aus dem Ärmel schüttelt. Es würde den Meisten bereits reichen, würde einmal jemand öffentlich Stellung beziehen und den derzeitigen Status der Rasse als problematisch anerkennen. Doch bisher hat niemand aus den offiziellen Rängen eine Bereitschaft zum Dialog signalisiert. Züchter und Welpenbesitzer werden mit ihren Erlebnissen und Ängsten alleine stehen gelassen. Statt gemeinsam geschlossen in die Zukunft zu gehen und gemeinsam Lösungsansätze zu erarbeiten, schottet man sich immer weiter von der Basis ab und harrt der Dinge, wohl in der Hoffnung, dass all das, wie ein böser Traum, von alleine vorübergehen wird.

Und für den Dobermannfreund bleibt nur eins zu tun. Er steht vor der Dornenhecke, die den DV umwuchert und hofft, dass eine neue Vorstandsgeneration endlich den Prinzen hervorbringen wird, der den jahrelangen Schlaf beenden wird, denn der Glockenschlag von außen verhallt bisher ungehört. Ob es die märchenhafte Wende noch geben wird… viele zweifeln immer mehr, viele sind bereits verzweifelt und haben der Rasse den Rücken zugekehrt.

Und ich… ich möchte glauben.
Ich möchte glauben, dass es für den Dobermann eine Zukunft gibt. Eine Zukunft, in der er wieder als zuverlässiger und leistungsstarker Gebrauchshund bekannt ist. Eine Zukunft, in der man nicht ab dem Welpenkauf in der ständigen Angst vor DCM lebt.

Ich möchte glauben, aber der schlafende DV macht es mir fast unerträglich schwer.
 

Montag, 12. Oktober 2015

Milan Hoyer, Klaus Jadatz – Fährtenarbeit


Unser sechstes Buch.

Ich möchte an dieser Stelle ein kleines Vorwort vorausschicken. Ich gehöre zu den IPO Sportlern, die leidenschaftlich gerne Fährten gehen. Wenn Arbeit und Gelände es zulassen, bin ich jeden Tag die Woche in den Feldern unterwegs, spieße Fährtenschilder in die Erde, trample durch die Wiesen und lasse Gegenstände fallen. Das Fährten ist allerdings immer noch ein wenig das Stiefkind unter den IPO Disziplinen, ein notwendiges Übel, auf das Viele gerne verzichten würden.
Aus diesem Grund freue ich mich immer ganz besonders, wenn es neue Bücher zum Thema Fährte gibt. Geben sie mir doch die Hoffnung, dass man Neueinsteigern von Anfang an eine Hilfestellung bieten kann. Denn verläuft der Einstieg positiv macht meist auch der Sport Spaß.

An dieser Stelle kommt das neue Buch von Hoyer und Jadatz ins Spiel. Im Untertitel wird „Fährten lernen ohne Stress und ohne Zwang“ versprochen. Milan Hoyer gilt in weiten Kreisen als der Fährten Papst und mit entsprechend hohen Erwartungen habe ich das kleine Büchlein gekauft.

Auf 96 Seiten stellt Hoyer seine ganz eigene Methode zum Fährtenaufbau vor. Kleinschrittig und gut verständlich wird das Herangehen an die Ausbildung geschildert, von der Vorarbeit im Grundgehorsam, über die Vorbereitung des Futters für die Fährte und die ersten Schritte im Geruchsfeld bis hin zum schrittweisen Aufbau der ganzen Fährte bis zur Prüfungsreife. All das ist eingängig und leicht nachvollziehbar in logisch auf einander aufbauenden Schritten beschrieben und gibt dem Leser einen sehr schönen Einblick in die Arbeitsweise von Milan Hoyer.

Wirklich begeistern und mitreißen kann mich das Buch jedoch nicht und auch bei einer allgemeinen Empfehlung an andere Fährteninteressierte, hätte ich etwas Bauchschmerzen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen der kleine – allen Schreibern und Sportlern eigene – Fehler, eigene Vorlieben mit einer Pseudobegründung  als absolut logische und allgemeingültige Schlussfolgerung darzustellen, Im Fall von Hoyer ist dies das Suchen am Halsband ohne Geschirr. Die Begründung, der Hund könne sich beim Geschirr schneller in der Leine verheddern beim Suchen und deshalb würde darauf verzichtet, halte ich persönlich einfach für eine Ausrede, um die eigene Vorliebe fürs Suchen am Halsband zu untermauern. Ob und wie schnell sich der Hund in die Fährtenleine wickelt, dürfte eher mit dem Material der Leine und dem Geschick des Hundes zusammenhängen, als mit der Frage ob die Leine am Halsband oder am Geschirr hängt.
Aber das ist eher eine kleine Nebenbaustelle, die ich mit einem Lächeln zur Kenntnis nehme, findet man sie doch in jedem Sportratgeber von namhaften Sportlern. Deutlich schwerwiegender finde ich, dass die beschriebene Methode zeitlich wie finanziell sehr aufwändig und nicht sehr flächenschonend ist.

Ich gehöre zu den Menschen, die gerne spontan Fährten gehen, die sich bei passendem Wetter und ein paar freien Stunden mit Kollegen am Nachmittag verabreden und hinaus ins Fährtengelände ziehen. Nach Hoyers Methode ist dies gerade am Anfang nicht machbar. Es wird genau beschrieben, wie das Futter zur Bestückung der Fährte am Vortag vorbereitet werden muss. Für eine Fährte benötigt  man entfettetes Rinderhack, gemischt mit Hähnchenbrust oder ähnlichem im 900g Pack. Kauft man nicht gerade in der Billigpreisecke beim Discounter kostet die Fährte damit schnell 6€ aufwärts pro Suchdurchgang. Hinzukommt, dass Hoyer schon zu Beginn sehr lange Liegezeiten für die Geruchsfelder empfiehlt. Am schwerste wiegt an dieser Stelle jedoch meiner Meinung nach, dass man sich mit der beschriebenen Legeweise jeden Landwirt zum Feind macht, der einem einmal erlaubt, seine Wiesen zu nutzen. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass man deutliche Bodenverletzungen erzeugen soll und betrachtet man die Fotos, wird all jenen die auf ein friedliches Miteinander von Landwirten und Fährtengängern bedacht sind, flau im Magen. Wiesen auf denen ein derartiger Flurschaden angerichtet wird, dürften sich an den betroffenen Stellen auf Wochen nicht erholen.

Traurig stimmt mich bei dem Buch aus, dass der Hundeführer im besten Fall als unnützer Störfaktor wahrgenommen wird. Aus diesem Grund werden Hunde – laut Buch – auf den Seminaren auch zuerst von Hoyer persönlich geführt, bevor der Besitzer die Leine wieder in die Hand bekommt. Im schlimmsten Fall ist der Hundeführer sogar der große Stressfaktor und Angstauslöser für den Hund, der das Fährten (fast) unmöglich macht. Ich muss gestehen, dass mir diese Sichtweise als Ausgangspunkt massiv widerstrebt und ich Hund und Hundeführer viel lieber als Team sehe, die sich gemeinsam einer Aufgabe stellen und gemeinsam diese wundervolle Teildisziplin der IPO erarbeiten.

Den Abschluss des Buches machen dann ein paar Tipps zur Überwindung der häufigsten Probleme auf der Fährte und der Dankesbrief eines Seminarteilnehmers.

Das Buch lässt mich mit etwas zwiespältigen Gefühlen zurück. Ich denke, dass Hoyers Methode gerade für Hunde denen man mit zu viel Zwang oder gar Gewalt auf der Fährte das Suchen vergrämt hat, eine sehr gute Wiedereinstiegschance und einen Weg für den erfolgreichen Wiederaufbau bietet. Für den interessierten Neuanfänger empfinde ich sie aber als unnötig kompliziert und hätte eher Bedenken, dass sie einem Einsteiger die Lust auf die Fährte verdirbt.

Als nächstes Buch auf der Leseliste:

Thomas Baumann „Mehrhundehaltung… gemeinsam zu mehr Harmonie“