Wir alle kennen diese alten Groschenromankrimis, die in
gehobenen gesellschaftlichen Kreisen spielen in denen am Ende immer der Gärtner
der Mörder war. Etwas Ähnliches spielt sich seit geraumer Zeit im Tierschutz
ab. Tierschützer und IPO-Sport war schon immer eine heikle Angelegenheit. Auf
Grund der Vorurteile findet man selten eine gemeinsame, sachliche Basis auf der
man sich auseinandersetzen kann. Hundesport generell und IPO im Speziellen ist
den meisten Tierschützern suspekt und so umgibt es in den Köpfen der
Tierschützer häufig eine Aura des Zwielichtigen, oftmals schon Illegalen. Zu
den Vorurteilen saugt man die Gruselgeschichten, die andere Tierfreunde über
das Internet verbreiten, wie ein Schwamm auf.
Jeder kennt diese Geschichten von den Misshandlungen auf
den Hundeplätzen, die der Cousin vom besten Freund von der Enkelin der
Nachbarin, der Frau mit dem Dackel, die man Samstag immer auf der Hundewiese
trifft ganz persönlich und garantiert mit eigenen Augen gesehen hat. Bevor hier
Missverständnisse auftreten, nein ich behaupte nicht, dass auf den Hundeplätzen
dieser Welt alles rosarot ist und alle gewaltfreier als die „Trainieren statt
Dominieren“ Heinis arbeiten und den Hunden die Ausbildungsinhalte zu esoterischen
Klängen vortanzen, aber ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass die meisten
Tierschützer so häufig im realen Leben IPO Training sehen wie eine Kuh Buckelwale
beobachtet.
Interessanterweise sind Tierschützer offenbar nicht viel
kreativer als die Autoren der alten Groschenromankrimis. Was man gar nicht
vermuten würde, wenn man sich ansieht, mit welchen bunt ausgeschmückten
Geschichten sie teilweise versuchen, Tiere zu vermitteln. So passiert es, dass im
Tierschutz der IPO Sport sehr schnell zum Gärtner mutiert und in immer mehr
Fällen mit Gebrauchshunderassen von vornherein als Täter feststeht.
Man liest es an allen Ecken und Enden, wann immer ein
Schäferhund – egal ob deutsch, belgisch, holländisch oder auch nur ansatzweise
optisch irgendwie in die Richtung gehörend – im Tierschutz auftaucht und nicht
everybody’s Darling mit absolut perfekter Erziehung ist, ist es zurzeit ganz groß
in Mode, die Schuld an jeglichem Problemverhalten dem angeblich durchgeführten
Schutzdienst zu zu schieben.
Der Mali findet es doof, sich von fremden Leuten anfassen
zu lassen? Das kommt daher, dass man den im Schutzdienst auf Menschen gehetzt
hat.
Der Deutsche Schäferhund bellt Jogger an und will
hinterherlaufen? Das kommt daher, dass der im Schutzdienst gelernt hat, Leute
anzubellen und beißen zu wollen.
Der Herder schnappt, wenn man ihn bedrängt?
Der schwarz-braune Mischling mit dem Stockhaar aus
Spanien hat Angst vor dem Besen? Das kommt daher, dass die Hunde im
Schutzdienst mit dem Stock geschlagen werden.
Der Malinois-DSH-Mischlingsrüde reagiert aggressiv, wenn
der freundliche Li-La-Laune-Labimix - um den sich die Interessenten gerade
kloppen – ihm „spielerisch“ in die Rippen kracht? Das kommt daher, dass der
Arme früher im Schutzdienst gearbeitet wurde und außerhalb der Trainingszeit
abgeschirmt im Zwinger sitzen musste.
Nein, nicht frei erfunden, nur etwas polemisch verkürzt
und so hundertfach in Vermittlungstexten und Berichten von Neubesitzern solcher
Hunde gelesen und gehört.
Der Hund zeigt sich aggressiv gegen irgendjemand oder
irgendwas? Der Schutzdienst war’s! Da werden Hunde aggressiv gemacht!!!1!!!11!!
Der Hund hat Angst vor irgendwas? Der Schutzdienst war’s!
Da werden Hunde in der Ausbildung misshandelt!!!1!!!11!!
Und ebenso wie die Groschenromankrimis mit den mordenden
Gärtnern langweilt die Tierschutzparanoia vor dem Antichrist Schutzdienst. Man
weiß, dass man mit sachlichen und fachlichen Argumenten nicht weiterkommen
wird, weil die meisten Tierschützer in der realen Welt noch nie mit der Ausbildung
wirklich in Berührung gekommen sind und weil die Realität über solche Hunde nun
mal leider auch ihre Traumwelt rund um das Überwesen Hund zum Einsturz bringen
würde und sie sich gegen mit aller Gewalt zur Wehr setzen werden.
Wir erinnern uns nochmal… der Hund ist der bessere
Mensch, wie uns in dutzenden Tierschutzmemes mit schnulzigen Sprüchen immer
wieder klar gemacht werden soll. Wann immer diese reinen Seelen und treuen
Herzen nicht dankbar, pflegeleicht und problemlos ist, ist das die Schuld eines
Menschen. Natürlich kann es nicht sein, dass der liebevolle Halter schlicht
keine Ahnung hat und vor lauter Liebe das Wesen seines Hundes nicht kennt,
nein, da jemand Böses in der Vergangenheit dem Hund etwas Schlimmes angetan.
Meist ist es ein böser Tierquäler, ein Züchter oder eben im Fall der
schäferhundartigen der böse IPO Sportler.
Um die (erfundenen) Gruselgeschichten vom misshandelten
IPO Azubi noch dramatischer zu machen, sollten fast alle diese Hunde wegen der
missratenen Ausbildung auch noch eingeschläfert werden, hätten die Tierschützer
sie nicht gerettet. Ein Schelm wer sich denkt, dass da jemand versucht, das
deutsche Tränendrück-Pendant zum „steht auf der Todesliste“ aus dem
Auslandstierschutz zu generieren.
Und plötzlich wird der fade Schäferhund(mischling) aus
dem Tierschutz interessant.
Ein junger, unerzogener Gebrauchshund, der sich
unüberlegt angeschafft wurde und dann wegen Überforderungen mit den
rassetypischen Eigenschaften wieder im Tierschutz abgeladen wurde, ist
langweilig. Der kann schon mal fünf Jahre im Tierheim sitzen, ohne einen
einzigen Interessenten zu haben.
Ein armer, in der Ausbildung gequälter Hund, der bisher
nie richtig geliebt, sondern nur als Sportgerät benutzt und quasi vom Tierarzttisch
unter der Einschläferungsspritze weggekauft wurde? Ja, den kann man retten,
dazu kann man eine tolle Geschichte erzählen und vor allem kann man sich
hervorragend einreden, dass alle Probleme sich auflösen werden, wenn man den
Hund nur liebt und „fair“ behandelt. Außerdem hat man eine hervorragende
Ausrede, wenn man mit dem Halbstarken nicht wirklich zurechtkommt.
Er versucht den Postboden zu beißen? Ja, der wurde früher
in der Ausbildung schlecht behandelt! Er kläfft beim Gassigehen Passanten an
oder stellt sie, wenn man so dumm ist, die Leine abzumachen? Ja, das hat der
böse Vorbesitzer dem im Schutzdienst ganz böse beigebracht.
Man hat eine grandiose Ausrede, wieso der Hund sich
benimmt, wie ein unerzogener Arsch, man hat eine noch bessere Ausrede, warum
man sich mit dem Training Zeit lässt bzw. gar keines macht (davor hat der
Angst, wegen der Misshandlung im Schutzdienst früher) und das Traurige ist, die
Leute auf der Straße werden diesen Stuss auch noch glauben.
Was niemand hören will, 99% dieser angeblich im Schutzdienst
verhunzten Hunde werden niemals in ihrem Leben einen Trainingsplatz geschweige
denn einen Schutzdiensthelfer gesehen haben. Man will es in der
Li-La-Laune-Hundewelt in der der Hund immer der treue Pazifist mit dem Herz aus
Gold und Watte ist, nicht mehr hören, aber das sind schlicht und ergreifend
unerzogene junge Gebrauchshunde – oftmals aus Hobbyvermehrung mit entsprechend unsicherem
Wesen und mangelhafter Sozialisierung – die sich benehmen, wie es ihrer Rasse
entspricht. Wach- und Schutztrieb, sowie
territoriales Verhalten, Jagdambition und Ressourcenaggression gehören in mehr
oder weniger ausgeprägter Form zu diesem Typ Hund, wie seine vier Beine und wer
diese Eigenschaften leugnet, wird sehr schnell auf deutliche Probleme stoßen,
ganz ohne, dass ein böser IPO Ausbilder den Hund zu hart rangenommen hat.
Aber ich fürchte, wir werden es nicht mehr erleben, dass
diese Erkenntnis alle Tierschützer erlebt und somit werden wir auch weiterhin
in Vermittlungstexten lesen müssen, dass Malinois Max kleine Kinder beißt, die
ihm um den Hals fallen und Schäferhund Sam Besucher anbellt und stellt, weil
sie das beim Vorbesitzer im bösen Schutzdienst so gelernt haben. Denn am Ende
muss eben der Gärtner der Täter gewesen sein, so will es das ungeschriebene
Gesetz.