Donnerstag, 30. Juli 2015

Welpenkäufer in der Pflicht




Es wird überall nach den Pflichten des Züchters geradezu geschrien. Jede Woche bringt ein neues Boulevardformat einen TV-Beitrag in dem angeprangert wird, dass die Züchter mehr machen müssen, jeden Monat erscheinen unzählige Artikel darüber, dass der VDH und die FCI nicht genug Verantwortung übernehmen und noch mehr für die Gesundheit der Rassen tun müssen, um zum Einen die Hunde zu schützen, aber auch vor allem um die Welpenkäufer zu schützen. Denn ein kranker oder charakterschwacher Welpe bedeutet großes Leid und hohe Kosten für die neuen Besitzer. Der Welpenkäufer ist in vielen Fällen das arme Opfer und nimmt sich selbst auch gerne als solche wahr. Doch was ist mit der Verantwortung der Welpenkäufer und mit ihren Pflichten? Es wird immer auf Züchter und Zuchtverband gezeigt, den dritten Beteiligten lässt man jedoch gerne außen vor.

Die Aufgaben von Züchter und Zuchtverband sind klar und tauchen in jeder Diskussion erneut auf, lückenlose Gesundheitsuntersuchungen, artgerechte Aufzucht, Ausbildung und Haltung, Verpaarungen nur mit gesunden, standardgerechten und wesensfesten Tieren, umfangreiche Prägung der Welpen, ständiges Erweitern des eigenen Wissens und für den Verband die Überwachung der Einhaltung dieser Ansprüche und die Aufklärung und Ahndung von Verstößen.

Und der Welpenkäufer? In der Vorstellung vieler besteht seine einzige Pflicht in der Bezahlung des ausgesuchten Welpen. Allerdings sollte man hier etwas weiter denken. Wer einen gesunden Hund haben möchte, ist selbst gefordert Verantwortung zu übernehmen, von der Auswahl der Rasse vor dem Kauf bis hin zum Tod des Hundes.

Noch nie war es so leicht sich derart umfangreich zu informieren wie heutzutage mit Hilfe der neuen Medien. Deshalb sei es an dieser Stelle einmal ganz klar gesagt, wer heute noch bei einem Hundehändler oder einem Vermehrer kauft und im Anschluss mit einem kranken und/oder verstörten Hund dasitzt, kann von mir kein Mitleid erwarten. Denn wer sich heute noch in dieser Form über den Tisch ziehen lässt, trägt selbst die Schuld an seiner Misere. Anders als früher, als man auf Erfahrungen im Bekanntenkreis zurückgreifen musste, lassen sich heute mit nur wenigen Minuten im Internet die Grundregeln zum Welpenkauf eruieren. Allein dieses Wissen würde bereits ausreichen um den Kauf bei den meisten dubiosen Händlern zu vermeiden. Sicher gibt es in der Zwischenzeit auch jene, die nicht mehr so offensichtlich zu enttarnen sind. Doch auch für die besser verborgenen schwarzen Schafe unter den Verkäufern reicht ein Abend Internetrecherche aus, um zu wissen woran man sie erkennt.

Doch beim Gedanken an die süßen kleinen Welpen vergessen viele Leute alle Vorsicht. Oftmals ist selbst die Rasse dann egal. Hauptsache zum passenden Zeitpunkt ist der Hund verfügbar, der Abholungsort ist nicht zu weit weg und wenn er dann noch günstiger ist, als beim nächsten Züchter schaltet sich der gesunde Menschenverstand bei vielen leider endgültig aus. Allerdings muss sich jeder, der in einer solchen Situation einen kranken Hund ersteht im Klaren Darüber sein, dass ihn seine eigene Unvernunft in diese Lage gebracht hat.

Eine weitere Pflicht des Welpenkäufers noch vor der richtigen Auswahl eines Züchters besteht vorerst in der Auswahl der richtigen Rasse. Noch immer kaufen sich Scharen an Welpeninteressenten ihre Hunde aus vollkommen falschen Beweggründen. Oftmals ist man auf der Suche nach einer bestimmten Moderasse oder auch dem Gegenteil, dem absoluten Exoten, den auf der Hundewiese und in der Hundeschule niemand sonst hat. Andere kommen mit vollkommen verzerrten Rassevorstellungen zu der Überzeugung, dass Rasse X genau das richtige für sie ist, ohne je ein lebendes Exemplar dieser Rasse zu Gesicht bekommen zu haben. Wissen was eine Rasse ausmacht in ihrem Charakter, ihrem Aussehen, ihren Ansprüchen an die Haltung und auch mit welchen Krankheiten sich die Population herumschlägt gehört zu den Pflichten eines jeden Welpenkäufers. Wer nicht weiß, wie ein gesunder, charakterfester Vertreter der angestrebten Rasse auszusehen und sich zu benehmen hat, wird einen gestörten oder kranken Hund nicht erkennen und ist auf sein reines Glück angewiesen. Wer weiß worauf zu achten ist, wird mit einer weitaus geringeren Wahrscheinlichkeit mit seiner getroffenen Wahl unglücklich werden.

Beim Kauf des Welpen ist für viele die Pflicht des Welpenkäufers mit Zahlung des vollen Preises endgültig abgeschlossen. Doch an dieser Stelle beginnt eigentlich die größte Verantwortung eines Rassehundebesitzers, eine Verantwortung der sich die meisten Käufer jedoch entziehen. Aus allen Ecken hört man die Rufe, dass bekannt sein muss, was Zuchthunde vererben, dass nur mit solchen Tieren gezüchtet wird, die auch gesunde Nachkommen haben. Doch woher soll der Züchter dieses Wissen beziehen? Die eine Nachzuchthündin, die er selbst behält und vielleicht die ein zwei Hunde, die er im unmittelbaren Umfeld verkauft, reichen für eine Beurteilung nicht aus. Hier sind alle Welpenkäufer gefragt und dennoch zieht sich der Großteil mit fadenscheinigen Ausreden aus der Affäre. Man wolle ja selber nicht züchten, man wolle keinen Sport machen mit dem Hund, man wolle ja nur einen Familienhund… und aus diesen Gründen lässt man den eigenen Hund nicht auf gängige Rassekrankheiten untersuchen. Wozu das Geld investieren für die HD-Röntgenuntersuchung und die Auswertung so lange der Hund keine Beschwerden hat? Wozu Blut- oder Herzuntersuchungen bezahlen, so lange es keine medizinischen Probleme gibt?

Weil jeder für sich in Anspruch nimmt, dass er auch in der nächsten Generation wieder einen Welpen kaufen kann, der zu einem gesunden und wesensfesten Hund heranwächst. Doch das ist nur möglich wenn die Züchter wissen, was die einzelnen Hunde und deren Linien vererben. Mit einzelnen getesteten Hunden lässt sich jedoch nur eine grobe Tendenz erahnen, je vollständiger die Generationen untersucht sind, desto aussagekräftiger ist das Bild, das sich ergibt. Wer von Züchtern verlangt, dass sie über genügend Wissen verfügen um gesunde von gesundheitlich bedenklichen Linien unterscheiden zu können, muss dazu beitragen, dass den Züchtern genügend Daten zur Verfügung stehen, um diese Unterscheidung auch treffen zu können.

Gleiches gilt bei vielen Rassen auch immer noch in Sachen Ausbildung. Das Wesen, der Charakter einer Rasse wird maßgeblich von ihrer Aufgabe und ihrer Eignung für diese Aufgabe bestimmt. Wer von sich behauptet, dass ihn der Charakter einer der unzähligen Arbeitsrassen fasziniert und er aus diesem Grund einen solchen Hund besitzen möchte, sollte auch hier dafür Sorge tragen, dass der Züchter einen Überblick hat, wie tauglich die gezüchteten Hunde aus den einzelnen Verbindungen sind und sollte die Hunde ihrer Rassebestimmung gemäß ausbilden und arbeiten.
Und auch am Ende der gemeinsamen Zeit mit seinem Hund ist der Welpenkäufer nochmals in der Pflicht. Todeszeitpunkt und Ursache sollten nie ein Geheimnis sein. Ein ehrlicher Überblick über das Ableben der Nachzucht bringt erneut mehr Einsicht in die Gesundheit der Population.

In diesen Punkten sollte sich jeder Welpenkäufer in der Pflicht fühlen und sich der Verantwortung seiner Rasse gegenüber bewusst sein. An diesem Punkt sollte man sich schlicht im Klaren darüber sein, dass es nicht nur um den einen Hund oder den einen Züchter geht. Wie oft habe ich in den vergangen Monaten gelesen „Der Züchter war ein Unsympath, den werde ich nicht auch noch unterstützen.“ Es geht nicht darum, diesem einen Menschen zu helfen, noch mehr Welpen von dieser einen Hündin zu verkaufen. Es geht darum einen möglichst vollständigen Überblick über den gesundheitlichen und leistungstechnischen Zustand einer Rasse zu schaffen, auf den alle Züchter und Welpeninteressenten jetzt und in Zukunft zurückgreifen können.

In den diversen Medienberichten wird stets gefordert dass Züchter und Zuchtverbände etwas ändern müssen. Ja, das müssen sie in einigen Bereichen. Doch an dieser Stelle sei ganz klar gesagt, dass sich auch die Welpenkäufer endlich ändern müssen, um etwas zu bewegen.
 

Freitag, 17. Juli 2015

Showtime


 
Wir wollen alle eine gute Figur machen, niemand fühlt sich gerne blamiert. Wir wollen einen positiven Eindruck machen, egal was wir tun, es soll gut aussehen und uns gut aussehen lassen. Ein natürliches Bedürfnis der meisten Menschen. Doch leider treibt dieses Verlangen gerade auf Hundesportplätzen immer seltsamere Blüten.

Das erste Mal fiel es mir im vergangenen Jahr auf einem Trainingswochenende auf. Ein Teilnehmer präsentierte seinen jungen Hund. Eine schöne ansehnliche Vorstellung, ein wenig Fußlaufen, ein paar Winkel, Abrufen aus dem Platz. Der Hund arbeitete freudig und alles war hübsch anzusehen. Auf die Frage nach anderen Übungen, meinte der Hundeführer, nein, habe er bislang mit dem Hund noch nicht begonnen. Das Angebot mal eine andere Übung zu versuchen und sich mögliche Herangehensweisen zeigen zu lassen, wurde vehement abgelehnt. So was wolle man zuerst in Ruhe Zuhause im Garten ausprobieren. Mehr wurde dazu nicht mehr gesagt.

Hielt ich das damals noch für den persönlichen Spleen dieses einen Teilnehmers, ist es mir in den folgenden Monaten immer öfter aufgefallen, dass es immer mehr Hundesportler zu geben scheint, für die der Übungsplatz nicht mehr zum Üben da ist, sondern die vor den Sportkollegen nur noch die einstudierte Show aufführen.

Anderes Trainingswochenende, gute 40 Teilnehmer, anwesende Hunde der Teilnehmer… vier Stück. Auf die Nachfrage, wieso niemand seinen Hund dabei hat folgte ein kollektives Schulterzucken. Es war nicht das Wetter schuld, nicht die Frage nach der Anreise mit Hund. Nach anfänglichem Schweigen kamen die ersten Eingeständnisse aus den Reihen. „Hier trainieren Hundeführer die hoch führen, was soll ich da vorzeigen?“ Und wieder war sie da, die allgegenwärtige Angst sich vor den anderen, vor vermeintlich besseren Hundeführern zu blamieren. Doch auch Statements in die andere Richtung erfolgten. Man habe schließlich einen Ruf zu verlieren, wie würde es denn aussehen, wenn man sich hier zum Hampelmann macht, weil der Hund heute keine Lust hat zu arbeiten. Da lachen einen dann die Anfänger aus und erzählen weiter, dass der XY nur große Töne spuckt und seinen Hund nicht geregelt bekommt.
Ich kannte den betreffenden Hundeführer nicht, also so groß und überragend konnte sein Ruf nicht sein, bis zu mir war er auf jeden Fall nicht vorgedrungen. Aber dennoch war er besorgt bei einem öffentlichen Training sein Gesicht zu verlieren.

Später tönen sie dann oft, man wolle ja nicht jeden Pfuscher an den eigenen Hund lassen, am Ende verdirbt einem der noch alles und so lange man nicht wisse, wie gearbeitet wird, hält man seinen Hund da besser fern. Verständlich, aber wenn man dieselben Teilnehmer zum dritten Mal bei diesem Ausbilder sieht, fragt man sich irgendwann, wann sie denn endlich davon überzeugt sind, dass dieser Jemand sein Handwerk versteht. Andere verkünden, man wolle sich nicht überall drein reden lassen, schließlich wisse man selber, was man tut. Wieso man dann Geld für ein Seminar ausgibt… keine Ahnung.

Eine traurige Entwicklung, die immer weiter um sich greift. Natürlich gehören die Arbeit zu Hause und die Einheiten außerhalb des Hundeplatzes zum Training dazu, ohne sie geht es nicht. Doch ist es einfach schade und nicht sehr förderlich für die Gemeinschaft innerhalb des Vereins, wenn die gemeinsame Trainingszeit im Verein zu einem reinen Showlaufen der Eitelkeiten wird. Man studiert zuhause seine kleinen Tricks ein, legt sich die Übungen zu recht, bei denen man besonders gut aussieht und präsentiert sich und seinen Hund dann von der besten Seite, um möglichst viel Applaus einzuheimsen.
Lösungen erarbeiten, auch einmal Misserfolg haben und daraus lernen und auch Fehler erkennen und neue Wege einschlagen, all das verschwindet immer mehr aus der Öffentlichkeit, ab ins stille Kämmerlein, wo einem niemand zusehen kann. Auf der einen Seite lauert immer die Angst, dass die Tierschutztaliban im Tarnanzug im Gebüsch sitzen und nur darauf warten eine unglückliche Situation zu filmen, die sich mit etwas kreativen Schnitt und dramatischem Voice-Over zu Tierquälerei umdichten und im nächsten „Aufklärungsvideo“ verwenden lässt, auf der anderen Seite steht das eigene Ego, das nicht zulassen möchte, dass man vor den Anderen einen Fehler begeht.

Es fehlt nicht mehr viel und manche Hundesportler werden nur noch zu Prüfungen irgendwo in Erscheinung treten und den Rest der Ausbildung irgendwo versteckt und gut verborgen absolvieren, bis sie reif für ihre Showkarriere vor dem Richter sind. Oder bis sie irgendwo auf ihrer privaten gut versteckten Trainingswiese in Schönheit gestorben sind, weil es ihnen nie gelungen ist, ihre Show genug zu perfektionieren, um damit vor die Augen der anderen treten zu können.

Ich hoffe sehr, dass ich die Endphase dieser gruseligen Entwicklung nicht mehr miterleben werde und immer Hundeführer um mich haben werde, denen es nicht darum geht, möglichst gut dazustehen, sondern die in erster Linie Wert darauf legen gemeinsam mit ihrem Hund und ihren Trainingskollegen zu lernen.

Samstag, 11. Juli 2015

Sabine Neumann - TierHeim Schicksal oder Chance


Unser viertes Buch.

 
Nachdem ich die Autorin vor Jahren auf einem Vortrag kennenlernte, habe ich mich sehr auf dieses Buch gefreut. Nach mehreren Jahren aktiver Tierschutzarbeit ist das Thema immer noch von großem Interesse für mich  und Überlegungen zu alternativen Haltungsformen im Tierheim und neue Erkenntnisse rund um den Hund im Tierschutz können nie falsch sein.

Der erste Eindruck des Buches ist…. Bunt. Viele und vor allem große Bilder teilen sich so ziemlich jede Seite mit kleinschriftigen Texten, ab und an wird noch eine Grafik dazugestellt. Auch wenn ich kein Fan dieser Bilderflut bin, hat der erste Eindruck nicht abgeschreckt. Das Vorwort hingegen schon. Diese kurze Ausführung der Autorin wirkt beim Lesen sehr selbstverliebt und man gewinnt den Eindruck, dass Tierheime durch und durch grauenhafte Orte ohne Verständnis für ihre Bewohner waren, bis die Autorin auf den Plan trat. Auch klingt hier bereits die erste Werbung für die Animal Learn Ausbildung an.

Im ersten Kapitel werden die allgemeinen Abgabegründe für Tierheimhunde behandelt, kurz und eher oberflächlich ohne besondere Erkenntnisse die im Gedächtnis haften bleiben würden, huscht die Autorin über dieses Thema hinweg. Dem nächsten Thema nämlich der – ihrer Meinung nach – idealen Unterbringung von Hunden, sowie dem Umgang mit ihnen, widmet die Autorin mehr Raum. Ihre Ausführungen sind durchaus nachvollziehbar und haben viele positive Ansätze, doch bisweilen wirken sie etwas realitätsfremd. Sicher kann man sich seine Idealvorstellungen zu recht legen, man sollte sich jedoch bewusst sein, dass in Zeiten in denen viele Tierheime und Tierschutzvereine auf Grund schwindender Spendenbereitschaft am Rande der Existenz und Finanzierbarkeit balancieren, Aussagen wie „Geld darf keine Rolle spielen und finanzielle Interessen müssen immer dem Wohl des Hundes untergeordnet werden bei Planung und Bewirtschaftung von Heimen“ schlicht utopisch sind. Auch andere Ansichten stoßen etwas sauer auf. So wird bei bestimmten Rassen wie u.a. dem Pitbull, dem Stafford oder auch dem Riesenschnauzer pauschal empfohlen die Rüden zu kastrieren, um die rassetypisch gesteigerte Aggressionsbereitschaft besser zu kontrollieren. Ein unschöner Tiefschlag für alle jene die versuchen über die Mythen des aggressiveren Kampfhundes und der Kastration als Allheilmittel bei Aggression aufzuklären. Leider wird auch die Kastration der Hündin als Garant für ein krebsfreies Leben angepriesen.

Generell fällt einem beim Lesen des Öfteren auf, dass die Autorin ihre eigenen Überzeugungen regelmäßig als unumstößliche Fakten präsentiert und jedes im AL Verlag erschiene Buch aus dem zitiert wird automatisch zur wissenschaftlich belegten Studie mutiert.

Im weiteren Verlauf wird kurz auf verschiedene Verhaltensprobleme, gesundheitliche Themen und mögliche Lösungen und Therapien eingegangen. Ich muss gestehen, dass dieser Teil auch nur wenig im Gedächtnis haften geblieben ist. Festgesetzt hat sich einzig der Tipp, dass man auch Leine und Geschirr in passender Farbe wählen sollte, um die entspannende Wirkung der Farbtherapie auf den Hund zu verstärken.

Leider sind es immer solche Punkte, die aus diesem Buch in Erinnerung bleiben. Auf der Sachebene wird das Meiste eher kurz und sehr oberflächlich angerissen, oftmals nicht einmal thementreu, so wird aus dem Kapitel zur Rückgabe eines vermittelten Hundes am Ende ein längerer Diskurs über den Umgang von Kindern mit Hunden. Deutlich hervorgehoben wird die emotionale Seite. Nach kurzen Themengebieten wie Vermittlungsgespräch, Auswahl des richtigen Hundes, etc. folgen stets sehr ausufernde und emotionale Beispiele in denen leider sehr häufig ein sehr abwertender Tonfall anderen Menschen gegenüber mitschwingt. So kommen immer wieder Seitenhiebe gegen Züchter, andere Hundetrainer und Hundesportler. Aber auch den früheren Besitzern der Hunde aus den Beispielen werden immer wieder niedere Beweggründe untergeschoben. So ist wiederholt von „abschieben“ die Rede, ohne auf Vorgeschichten genauer einzugehen. Ob die Verwandten eines Verstorbenen sich wirklich nur aus Egoismus des hinterbliebenen Hundes entledigt haben? Oder könnte es nicht sein, dass es deren Lebensumstände einfach unter keinen Umständen zuließen, sich verantwortungsvoll um einen Hund zu kümmern? Verständnis für Einzelschicksale oder auch einfach nur eine objektive Herangehensweise an die Geschichten sucht man vergeblich.

Doch auch den Hunden tut das Buch bisweilen einen Bärendienst. Während Tierschützer und Freunde von Tierheimhunden immer wieder betonen, dass es eben auch den unkomplizierten, freundlichen Familienhund im Tierheim gibt, beschleicht einen bei der Lektüre das Gefühl, dass Tierheimhunde zutiefst labile Kreaturen sind, die man nur mit Samthandschuhen anfassen darf. Sicherlich ist ein Tierheimaufenthalt Stress und keine optimale Lebenssituation, doch erscheint mir der beschriebene Seelenzustand der Tiere in diesem Buch etwas überdramatisiert. Sicher gibt es sie, die äußerst anspruchsvollen Tiere, die durch Trauma, Krankheit oder anderen Unwägbarkeiten viel Vertrauensaufbau und Training benötigen. Doch dadurch, dass man diese Gruppe derart stark in den Focus dieses Buches gerückt hat, schreckt man viele Interessenten ab.

Den Abschluss des Buches bilden schließlich zehn Seiten auf denen vorherigen Inhalte nochmals wiederholt werden, als eine Art Lerntafeln, garniert mit etwas Werbung für die AL Ausbildung, Trainer und weitere Produkte aus dem Verlagshaus und dem Onlieshop. Zieht man diese Werbung, die ausladenden Fallbeispiele und die unzähligen Fotos ab, bleibt leider nicht mehr sehr viel gehaltvoller Inhalt übrig. Eine Tatsache die sehr schade ist, da Neumanns Vortrag zum Thema sehr interessant war und viele – auch in der Realität umsetzbare – Anregungen für den Tierheimalltag gab. Etwas das diesem Buch zu ihrem ehemaligen Seminar – in der Zwischenzeit wird dieses von einer anderen Referentin abgehalten – leider nicht gelingen will.

Als nächstes auf der Leseliste: Gabriela Behling: „Frisches Futter für ein langes Hundeleben“