Er ist der beste Freund des Menschen, der Seelenverwandte
so vieler Leute, der bessere Partner, das dankbarere Kind. Man würde alles für
ihn tun, bis an die Grenzen der eigenen Kraft und darüber hinaus gehen und das
letzte Hemd für ihn geben. Die Leute nehmen eine Menge auf sich, um ihren Hund glücklich
zu machen und sie werden nicht müde in den Weiten des WWW darüber zu berichten.
Da gibt es die gemäßigte Fraktion. Jene, die sich über
Futter informieren, die üblichen Vorsorgeuntersuchungen durchführen lassen, sich
mit rassegerechter Auslastung und modernen Trainingswegen beschäftigen und sich
generell im Alltag Gedanken um das Leben ihres Hundes machen. Für den
durchschnittlichen Nicht-Hundehalter wirkt diese Gruppe schon befremdlich. Der
ein oder andere kann es noch als Hingabe für ein besonderes Hobby verstehen,
doch die meisten beginnen hier schon mit dem Kopf zu schütteln. Zu viel Aufwand
scheint ihnen das für den gewöhnlichen Alltag mit einem Hund. Dabei macht diese
Fraktion der Hundehalte noch nicht einmal ein großes Gewese um das, was sie mit
ihren Tieren tun. Wer danach fragt, erhält in der Regel Auskunft, ansonsten
sieht man keine Notwendigkeit, großartig darüber zu sprechen. Es ist für sie
normaler Alltag und vor allem, im Vergleich zu den anderen, ist noch gar
nichts, was sie da täglich leisten.
Die Anderen treiben ihre Tierliebe noch einen Schritt
weiter. Nicht etwa aus Langeweile. Nein, nein. Sondern weil sie einen
besonderen Hund haben. Einen Hund, der mehr braucht, der andere und höhere
Ansprüche stellt, als alle andere und da man sich ja moralisch dem Tier
verpflichtet hat, das man sich einmal ins Haus holte, müssen sie nun all diese
schon fast übermenschlichen Dinge leisten. Das ganze Leben dreht sich um den
und, wie die Planeten um die Sonne. Um vier Uhr morgens klingelt der Wecker,
denn der Hund muss ja vor der Arbeit eine Runde joggen, man muss mindestens
eine Fährte gehen und eine halbe Stunde Agility im Garten trainieren. Danach
folgt die Spezialfütterung. Einfach nur Trockenfutter in der Schüssel geht
nicht. Für diesen Hund kommt nur Handfütterung in Frage, weil man das eben bei
speziellen Hunden so machen muss und weil es eben besonders sein muss, wird
stinkender Pansen, gewolft zu einer triefenden Suppe mit der bloßen Hand ins
Hundemaul geschoben.
Generell sind Futter und Gesundheit ein großes Thema.
Potentielle Allergene sind zu meiden unter allen Umständen. Auch wenn der Hund
unter keiner bekannten Allergie leidet. Auch ist alles zu vermeiden, was
irgendwann, irgendwo und von irgendwem einmal als potentiell gefährlich
eingestuft wurde. Ob es sich bei diesem Jemand um einen Tierarzt handelt, der
einen kuriosen Vergiftungsfall aus seiner Praxis erinnert oder um den Nachbarn
von der Freundin des Bruders von Tante Effis Briefträger, der glaubt, dass die
Wienerwürstchen vom Discounter zur Krebserkrankung seines Dackels geführt haben.
Auch bei der Gesundheitsvorsorge geht man mit besonderen
Hunde besondere Wege. Der eine muss jede zweite Woche entwurmt werden, denn
draußen lauern bösartige Parasiten, die dem Lieblingstier nach dem Leben
trachten. Dazu wird bei jeder kleinen Behandlung die Narkosespritze gesetzt.
Denn kaum ein Tierarzt kann den besonderen Hund richtig händeln, außerdem muss
der Hund regelmäßig ins CT oder operiert werden. Außerdem muss einmal im Monat
vom Tierarzt die Analdrüse des Hundes geleert werden. Ob der Hund da wirklich Probleme
hat? Vollkommen egal, bevor es zu Problemen kommt, muss man eingreifen.
Der andere hält seinen Hund von jeglicher Chemie fern.
Jede Impfspritze ist ein Nagel zum Sarg des Hundes, jede Wurmkur vergiftet den
Hund mehr als die Parasiten. Kräutermischungen, Pendeln bei Vollmond und
Spezialmischungen, die der Tierkommunikator beim Hund persönlich erfragt hat,
die gegen alles helfen, von tränenden Augen über Herzinsuffizienz bis hin zu
Hüftgelenksdysplasie.
Doch nichts ist zu teuer oder zu aufwändig für den
geliebten Hund. Wenn es sein muss, passt man auch die Arbeitszeit und den
Arbeitsplatz dem Hund an. Es kann nicht sein, dass der Chef verlangt, dass man
so lange im Büro bleibt, dass man am Donnerstag nicht um 15 Uhr zur
Trainingsstunde gehen kann, die der Hund doch so sehr liebt. Hat der Partner
kein Verständnis dafür, dann muss er eben gehen. Jemanden de so herzlos und
egoistisch ist, dass er nicht einsieht, dass der Hund als schutzloses Wesen
dies alles braucht, hat es nicht verdient, Bett und Herd mit seiner Besitzerin
zu teilen.
Ja, sie opfern alles zum Wohl ihres Hundes. Denn das und
nur das ist wichtig und es ist das Einzige worum es geht. Böse Zungen mögen
behaupten, der Hund sei bei manchen nur eine Ausrede zur Selbstdarstellung. Ein
Opfer, dessen Bedürfnisse hinter dem Geltungsdrang der Besitzer zurückstehen
muss.
Ein Vorwurf, den die Hundehalter erbost zurückweisen
werden. Niemand kann nachvollziehen, was sie alles auf sich nehmen, nur damit
es ihrem Hund gut geht. Niemand sonst würde all das tun, all das opfern, nur
für diesen einen Hund. Außerdem zeigen einem ja die ganzen Likes, Follower und
Zusprecher in den sozialen Medien, dass man auf dem richtigen Weg ist. Sie
verstehen einen, sehen was man alles leistet und dass man nur das Beste für den
Hund will. Doch man macht das alles nicht für sie, sondern nur für den Hund.
Nur für den Hund… und wenn man sich das lange genug
einredet und die Follower nur laut genug klatschen, so wird man es auch
dauerhaft glauben, denn der Hund wird sich nie dazu äußern.