Ich denke es hat keinen Sinn es zu leugnen, deshalb
bekenne ich mich lieber gleich von Anfang an zu der Tatsache, dass ich
definitiv nicht zur Fraktion der „alles durch positive Verstärkung und nur
durch positive Verstärkung und nichts als positive Verstärkung“ Fraktion gehöre.
Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass ich in der Ausbildung Gewalt
anwende, doch das Prinzip der körperlichen Korrektur ist meinen Hunden nicht
fremd – weder den aktuellen noch den früheren.
Ich persönlich halte das Konzept der Erziehung und
Ausbildung nur durch positive Bestärkung in meinem Lebensumfeld auch nicht für
wirklich umsetzbar. Ist Cardassia gerade dabei unter den Nachbarshühnchen, die
sich mal wieder in meinen Garten verirrt haben, ein Massaker anzurichten,
überlege ich kein Alternativverhalten, das ich anbieten und positiv verstärken
könnte und ich bin auch nicht gewillt das Ganze zu ignorieren in der Hoffnung,
dass sie das Interesse verliert, wenn die Bestätigung von meiner Seite
ausbleibt…. Nein, es gibt einen donnernden Befehl und Madame wird an dem
Körperteil, das ich zuerst zu fassen bekomme nicht besonders sanft von ihrem
auserwählten Opfer weggezerrt.
Aber um die Frage ob Erziehung und Ausbildung nur über
positive Bestätigung überhaupt funktionieren kann, soll es hier nicht gehen.
Die Thematik wurde bereits hunderte Male durchgekaut und dass eine Einigung der
feindlichen Parteien nicht wahrscheinlich ist, war schon nach der ersten
Behandlung der Frage absehbar. Wesentlich interessanter finde ich hingegen
aktuell die extreme Diskrepanz die die „wir erziehen rein positiv“ Hundehalter
(nennen wir sie doch einfachheitshalber WERP) in ihrem Verhalten gegenüber
Mensch und Hund zeigen.
Ich wohne im direkten Einzugsgebiet einer der
Vorreiterhundeschulen in der WERP Bewegung und habe somit zwangsläufig fast
täglich Kontakt mit Vertretern dieser Philosophie. Doch auch in diversen online
Foren trifft man sie immer häufiger. Menschen die in ihren Signaturen Phrasen
wie „Gewalt beginnt, wo Wissen endet“ oder Schopenhauers „Solange Menschen
denken, dass Tiere nicht fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht
denken.“ Auch Astrid Lindgren muss mit „Man kann in die Tiere nichts
hineinprügeln, aber man kann manches aus ihnen herausstreicheln“ oftmals
herhalten. Zitate die eine friedliche, liebevolle Grundeinstellung nach außen
tragen sollen. Die Botschaft ist klar für alle zu erkennen und wird plakativ
nach außen getragen: Wir sind gegen Gewalt, wir haben eine höhere Ebene
erreicht und haben Auseinandersetzungen auf solch niedrigem Niveau nicht mehr
nötig.
Es werden fleißig Artikel wie „Köpfchen statt Knöpfchen“
von C. v. Reinhart geteilt und Aktionen wie „Stachler gegen Trainingsstunde“
beworben. Alles wirkt friedlich und kultiviert, bis eines Tages einer daher
kommt und es wagt den Vorstellungen der WERPs zu widersprechen oder noch
schlimmer, gegen ihre Leitsätze zu verstoßen.
Plötzlich werden Weiber zu Hyänen und hinter den Masken
der Pazifisten treten blutrünstige Berserker hervor, die nach Lynchjustiz
plärren. Sehr schön zu sehen war dieser plötzliche Gewaltausbruch zuletzt
anlässlich Herrn Grewes „Schüsselaffäre“. Plötzlich strömten User aus allen
Himmelsrichtungen zusammen, die am Vortag noch gepredigt hatten, dass Gewalt zu
verabscheuen sei und drohten einem Mann, den sie nie persönlich kennengelernt
hatten öffentlich damit, ihn zusammenzuschlagen und schlimmeres, sollte er
ihnen je begegnen.
Ein ähnliches Bild zeigte sich, als vor einigen Monaten
die Falschmeldung über den Tod des amerikanischen Hundetrainers Cesar Millan
durch Facebook geisterte. Statt Beileidsbekundungen klatschen die WERPs
Applaus. Es wurde sich erleichtert darüber gezeigt, dass der „Dreckskerl
endlich bekommen hat, was er verdient“. Nachdem der Hoax aufgeklärt worden war,
zeigten sich viele enttäuscht. Eine Userin bedauerte es mit den Worten:
„Schade, ich hätte es dem wirklich gegönnt.“ Eine Frau, die es am Tag zuvor
aufs übelste verurteilt hatte, dass ein Hund für ein Fehlverhalten angeschrien
wurde, wünschte einem Familienvater den Tod.
In Worten und dem Hund gegenüber predigen die WERPs den
absoluten Gewaltverzicht und Gewalt beginnt bei ihnen sehr früh. Mit den
Mitmenschen ist man jedoch lange nicht so zimperlich. Wer nicht für die WERPs
ist, ist gegen sie und mit Feinden kennt man nun mal keine Gnade.
Beschimpfungen, Diffamierungen und Bedrohungen sind an
der Tagesordnung und man steht oftmals fassungslos da angesichts der Tatsache
wie aggressiv und gewaltbereit, sich die gewaltfreie Bewegung doch zeigt.
„Wenn ich je einen erwische, hau ich ihm in die Fresse“
ist ein gängiger Kommentar auf Facebook, wenn aversive Methoden gezeigt werden.
Bei Bildern von verletzten Tieren folgen Androhungen von Selbstjustiz, Folter
und Kastration. Online Hetzkampagnen gegen potentielle Tierquäler werden über
die sozialen Netzwerke gestartet, Drohungen werden ausgestoßen und man versucht
sich krampfhaft daran zu erinnern, dass diese Leute für Gewaltfreiheit in der
Hundeausbildung stehen.
Egal wie man es dreht und wendet, dem normalen
Menschenverstand will es einfach nicht einleuchten, wieso man dem Hund
gegenüber so sanft ist und gegen die Mitmenschen mit unerbittlicher Härte
vorgeht. Natürlich kommt dann sehr schnell das Argument, dass der Hund der
bessere Mensch sei, die weniger korrumpierte Lebensform, der man mehr Respekt
zollen muss.
Sei es wie es wolle. Am Ende bleibt einem nur eine
Erkenntnis: Als Hundehalter sollte man immer auf der Hut und gut zu seinem Hund
sein. Denn sonst kommt einmal der Tag an dem man einem Vertreter der
gewaltfreien Hundeerziehung begegnet und herausfinden darf, ob die WERPs nur in
der Anonymität des Internets gerne zur Gewalt aufrufen oder ob wirklich die
Devise gilt: Erziehe gewaltlos, sonst hau ich dir eine aufs Maul…
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