Es fing an mit einem dieser Facebook „bitte votet für
mein Foto“ Gewinnspiele. Eine Bekannte schickte mir den Link zu einem Foto
ihres Hundes. Wir alle kennen diese spektakulären Sprungfotos, bei denen sich
der Hund in der Luft verdreht und verrenkt und halb überschlägt. Ich finde
diese Bilder ganz furchtbar, weil ich nie verstehe, dass man dieses
Verletzungsrisiko nur wegen eines Fotos in Kauf nimmt. Genau mit dieser
Begründung, habe ich das Vote für das Foto auch abgelehnt und eine Diskussion
sondergleichen vom Zaun getreten und das entrüstete Fazit daraus lautete: Man
kann einen Hund doch nicht ständig in Watte packen.
Nein, das kann man wirklich nicht. Hund muss Hund sein
dürfen und manchmal kann es einfach in Situationen dumm laufen, doch ich frage
mich immer wieder, wann sich die grenze zwischen „in Watte packen“ und „unnötige
Risiken eingehen“ dermaßen verschoben hat, dass man bisweilen Zweifel am
gesunden Menschenverstand hegt.
Der Titel dieses Eintrages stamm von einem Helden meiner
Kindheit. Mit diesem Spruch stürzte sich Darkwing Duck, der Schrecken der die
Nacht durchflattert, jede Woche 91 Episoden lang in halsbrecherische Abenteuer.
Doch seit den 90er Jahren scheint Darkwings Motto auch irgendwie zur
Lebenseinstellung vieler Hundehalter geworden zu sein.
Das Risikoempfinden scheint sich komplett verschoben zu
haben. Es wird auf jedes Detail geachtet, jeder noch so unwahrscheinliche
Zufall bis ins Letzte durchdacht, den großen GAU der sich aber direkt vor den
eigenen Augen anbahnt, den scheinen die Leute nicht mehr wahrzunehmen.
Hundespielzeug wird bis ins letzte Molekül untersucht.
Nicht unbedingt auf Verletzungsgefahr oder verschluckbare Kleinteile, sondern
auf das Material. Enthält der Kunststoff Weichmacher? Ist das Seil mit pflanzlichen
Farben aus biologischem Anbau gefärbt? Wurde das Spielzeug mit positiver
Umweltbilanz in den Laden transportiert? Besteht die Gefahr, dass es beim Transport
oder bei der Lagerung mit bedenklichen Stoffen in Berührung kam?
Können diese Fragen nicht zur absoluten Zufriedenheit
beantwortet werden, wird das Spieli lieber im Regal liegen gelassen. Aber wenn
Hundi beim Spaziergang einen Stock aufsammelt, darauf herumnagt und damit durch
die Walachei rennt, ist die Welt in Ordnung. Maul-, Hals- und Rachenverletzungen
durch Stöcke sind ja nur Gruselgeschichten, der eigene Hund macht das schon
immer so und es ist noch nie etwas passiert. Splitter im Zahnfleisch,
Nagetierurin und Vogelkot am stock sind auch halb so wild, man kann den Hund ja
nicht in Watte packen…. Wir erinnern uns, wir reden hier von demselben Hund bei
dem man Bedenken hatte, er könne durch das Ablecken eines (Marken)Spielzeugs
aus dem Tierbedarf schweren gesundheitlichen Schaden nehmen.
Bleiben wir gleich beim Gassigehen… Früher trug Hund
dafür einfach ein Halsband aus Leder oder eine Kette. Viel zu gefährlich in der
heutigen Zeit. Man weiß nicht womit das Leder gegerbt wurde, von welcher
Tierart ist das überhaupt und generell sind Halsbänder sowieso gesundheitsschädlich
und bedeuten einen frühen, qualvollen Tod für Hunde. Hat man ja mal so in den
Tierschutzgruppen bei Facebook gelesen. Also muss es ein Brustgeschirr sein. Aber
es muss die richtige Form haben, damit es nicht zu schweren Verletzungen der
Knochen und Gelenke führt – ja wir reden hier immer noch vom Gassigehen und
nicht davon, den Hund am Geschirr aufzuhängen oder hinter dem Auto her
zuschleifen. Dornschnallen sind generell gefährlich, damit kann sich der Hund
verletzen, wenn er sich irgendwie den Dorn in die Flanke rammt. Steckschließen
sind aber auch mit Vorsicht zu genießen. Die Plastikvariante muss sorgfältig
auf das Material geprüft werden, damit keine giftigen Stoffe aus dem Kunststoff
angegeben werden und Metallschließen können Nickel enthalten. Alles furchtbar
gefährlich und muss unbedingt vermieden werden. Gleiches gilt für das Material
der Gurte. Sie dürfen nicht scheuern, aber nicht zu weich sein, damit sie nicht
verrutschen. Sie dürfen nur aus nachvollziehbaren Quellen stammen, nur mit 100%
unbedenklichen Farben gefärbt sein und idealerweise sind sie vegan und mit „rettet
die Welt“ Gütesiegel versehen, damit man auch ja kein Risiko für den Hund
eingeht, Die Welt ist nämlich Nebensache, aber was gut für die Welt ist, könnte
gerade gut genug für Wuffi sein. Und dann marschiert mal los mit seinem absolut
ungiftigen, körperschonenden und antiallergenem Geschirr und lässt Hund drei
Meter entfernt von der Bundesstraße leinenlos am Grünstreifen schnuppern,
während Autos und LKWs an einem vorbei donnern. Leine braucht man nicht. Der
Hund hört ja und es ist in seinem zweieinhalb Jahre langem Leben auch noch nie
etwas passiert. Man muss da doch nicht so hysterisch sein und dem Hund alle
Freiheit durch Leinenzwang an der Straße nehmen.
Nein, man sollte Hunde nicht in Watte packen. Aber man
sollte irgendwo auch wieder eine gesunde Relation zwischen echtem Risiko und
Spleen finden. Es werden Inhaltslisten beim Futter studiert und auf alles
Mögliche verzichtet, weil es ja unter Umständen irgendein Problem geben könnte,
das Risiko von Zahnverletzungen bei großen Beinknochen aber verleugnet. Es wird
der Sporthund durch ein ausgeklügeltes Warm-up auf jeden Schritt Fußlaufen
vorbereitet und danach vom Physiotherapeuten wieder einmassiert, aber für ein
dummes Foto nimmt man klaglos einen Überschlag, verstauchte Gelenke und
verletzte Sehnen in Kauf.
Der Mensch im Allgemeinen und der Hundehalter im Speziellen
hat in der modernen Zeit ein unglaubliches Talent dafür entwickelt, sich in
höchstunwahrscheinliche Gefahrenszenarien hineinzusteigern und reale Risiken
auszublenden. Bleibt zu hoffen, dass man sich nicht zu sehr in dieser Entwicklung
verrennt.