Zu verkaufen: Opel Zafira Baujahr 2005, Laufleistung
90500km, nur an erfahrene Autofahrer, da das Fahrzeug ein Gaspedal und vier
Reifen besitzt.
Ja so schaue ich auch immer drein, wenn ich die Anzeigen
für dringend abzugebende Gebrauchshunde oder Gebrauchshunde im Tierheim, lese.
Unverständlicherweise haben diese Exemplare sehr zur Überraschung der
Vorbesitzer Schutztrieb, Jagdtrieb, kein Interesse am allgemeinen Hundekugeln
auf der Gassiwiese und der Sonntagsnachmittagsbummel durch die Fußgängerzone
wurde auch von dem seltsamen Hundevieh torpediert. Vor einem solch schwierigen
Hund muss man nachfolgende Besitzer schon explizit warnen, denn normal ist so
ein Verhalten ja nicht…
Ich sehe mich um, in diversen Internetportalen der
Tierheime, den online Kleinanzeigenmärkten und den einschlägigen Gruppen in
Facebook und komme aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Der Markt ist voll
von gebrauchten Gebrauchshunden – meist ohne Papiere – die im Alter zwischen 18
Monaten und drei Jahren dringend ein neues Zuhause suchen. Dabei ist es nicht
der böse Sportler, der sein Sportgerät hier austauscht, es ist die Familie von
nebenan, die so schnell wie nur irgend möglich ihren Familienhund an den Mann
bringen will.
Der Gebrauchshund für den Familien- und Hausgebrauch ist
gerade schick. Jeder der Mittwochs 5km Joggen geht, am Samstag ein bisschen in
den Bergen wandert und alle paar Wochen eine Radtour unternimmt ist plötzlich
der Meinung, dass nur DSH, Malinois, Dobermann und Co mit diesem ausufernden
Sportprogramm mithalten können. Damit man sich von der Masse abhebt, muss es am
Liebsten auch noch ein besonderes Exemplar sein, egal ob der blaue
Königsdobermann oder der darkline Malinois nur das Ausgefallenste aus den
Kleinanzeigen ist gut genug. Beim seriösen Züchter bekommt man diese exotischen
Exemplare nicht, deshalb führt der Weg über die Kleinanzeigen zum freundlichen
Hobby- und Profivermehrer von nebenan. Selbst jene, die sich mit einem normalen
Rassevertreter zufrieden geben, finden nur selten den Weg zum seriösen
FCI-Züchter, denn immerhin will man schließlich einen Familienhund und keine
Welpen die deren Eltern dadurch ausgesucht werden, wie gut sie Menschen auf dem
Hundeplatz beißen können. Denn es hält sich immer noch hartnäckig das Gerücht,
dass es ausreicht arbeitsunfähige Gebrauchshunde zu verpaaren, um taugliche
Familienbegleithunde zu erhalten.
Nur als kleiner Hinweis…. Wenn man am Formel 1 Boliden den
Heckspoiler abschraubt, taugt er nicht mehr für die Grand Prix Strecke, er wird
dadurch aber auch nicht zum familientauglichen Minivan. Ähnlich verhält es sich
beim Gebrauchshund.
Aber daran denkt man an diesem Punkt nicht. Man sucht
sich einen Welpen aus, garantiert familientauglich wie der Verkäufer versichert
und nimmt ihn mit nach Hause. Die meisten Käufer freuen sich noch darüber, wie
viel sie im Vergleich zum Kauf beim überteuerten Profi Züchter doch gespart
haben. Wenn man Glück hat, überlebt der Welpe auch die ersten Wochen und hat
nicht auf Grund seiner zweifelhaften Herkunft eine ausgewachsene Parvovirose
Infektion mit ihm Gepäck. Doch auch ohne Viren und Parasiten beginnt für viele
mit ihrem vermeintlichen Familienhund bereits nach wenigen Tagen die Hölle. Je
nach Abstammung können DSH, Mali und Co bereits im Alter von wenigen Wochen
eigensinnige, spitzzahnige Monster sein, die nicht unbedingt die geeignetsten
Spielkameraden für ein 5jähriges Kind sind, vor allem nicht wenn die Eltern
wenig Erfahrung im Umgang mit diesem Typ Hund haben. Bereits in dieser frühen
Phase finden viele der zukünftigen Familienhunde ihren Weg zurück in die
Kleinanzeigenportale, wo sie „umständehalber“ dringend eine neue Familie suchen
oder direkt im nächsten Tierheim landen.
Andere Besitzer halten länger durch und erleben die
Entwicklung ihres Familienhundes mit. Sie sind da, wenn ihre Jungspunde den
ihnen im Blut liegenden Beutetrieb entdecken und versuchen ihn zu befriedigen,
egal ob das nun durch die Jagd auf Nachbars Katze oder den Ball der spielenden
Kinder geschieht. Etwa zur selben Zeit beginnen die Hunde damit, territoriale
Ansprüche zu erheben und Besucher am und im eigenen Haus sind plötzlich nicht
mehr willkommen. Wer Glück hat, hat an dieser Stelle noch einen gesunden,
wesensfesten Junghund, dem einfach nur die richtige Erziehung und Führung
fehlen. Hat man Pech, hat die mangelnde Selektion auf die Wesensmerkmale und
Leistungen der Gebrauchsrassen einen unsicheren, wesensschwachen Hund
hervorgebracht, der im schlimmsten Fall auch noch mit Erbkrankheiten zu kämpfen
hat.
An diesem Punkt gibt die nächste Welle auf. Zu riskant
erscheint das Leben mit einem Hund der nicht kontrollierbar auf die Jagd geht
und sich aggressiv gegen Menschen verhält. Hier finden sich dann die ersten
Anzeigen und Vermittlungstexten in denen nach „Rassekennern und Sportlern“
gesucht wird und die Empörung ist groß, wenn das Interesse dieser Gruppen an
einem unerzogenen, meist nicht untersuchtem Hund ohne gesicherte Abstammung
gering ist.
Für alle andere führt der Weg zum Problemhundetrainer.
Die wenigen, glücklichen Hundehalter werden einen Trainer finden, der sie
darüber aufklärt, welche Art Hund sie an der Leine haben und was diese Rassen
benötigen, um ein zufriedenes und unauffälliges Leben führen zu können. Hat der
Hund dann auch noch besonders viel Glück, sind seine Halter bereit und fähig
dies auch im Alltag umzusetzen. Für alle anderen beginnt ein Leben in dem sie
von einem Hundetrainer zum Nächsten tingeln, dutzende Methoden und Modelle
kennen lernen und ein Hundeleben lang Unsummen darauf verwenden gegen Probleme
anzutrainieren und zu managen, die man nicht hätte, wäre man sich auch nur im
Grundsatz über die Bedürfnisse und den Charakter der Rasse bewusst, die man an
der Leine führt.
Manche Hundehalter sind standhaft und halten Training und
Management durch, andere geben an irgendeinem Punkt der Strecke schließlich
entnervt oder auch aus Angst auf. Für diese Hunde wird dann der Rassekenner
gesucht, idealerweise Sportler um den Hund richtig auszulasten oder noch besser
Diensthundeführer, denn Mali Rüde Fips hat ja bereits drei Mal Besuchern in die
Beine gehackt. Ein wirkliches Happy-End gibt es für die wenigsten dieser Hunde.
In den meisten Fällen findet sich früher oder später ein Tierfreund, der die
nächste Runde aus Hundeschule und Management einläutet und versucht den
Familiengebrauchshund irgendwie in sein Leben zu integrieren. Bei manchen kann
es klappen, doch viele werden früher oder später die Grenzen der Leidensfähigkeit
ihrer neuen Besitzer erreichen, wieder zurück ins Tierheim gehen und dort
weiter warten, ob nicht doch eines Tages der erfahrene Sportler dort auftaucht,
um dem 7jährigen ängstlichen DSH mit den kaputten Ellbogen doch endlich zur
Gebrauchshundkarriere zu verhelfen.
Mir ist bewusst, dass nun gleich ein dutzend Hände in die
Höhe schießen werden, um darauf aufmerksam zu machen, dass sie mindestens einen
Gebrauchshund kennen, der ganz ohne alle Auslastung und Erziehung ein
glückliches und zufriedenes Leben führen kann. Ja es gibt sie, die
Gebrauchshunde die keine Ansprüche stellen, sich beim Welpenkauf darauf zu
verlassen, dass man eines dieser Exemplare erwischt, ist leichtgläubig und
führt meist zu den oben beschriebenen Problemen.
Natürlich können auch Mali, DSH, Dobermann und Co
unauffällig in einer Familie leben und die meisten Rasseangehörigen tun dies
auch. Allerdings unter der Bedingung, dass sich die Besitzer der Besonderheiten
dieser Rassen bewusst sind und diese Hunde an erste Stelle das leben lassen,
was sie sind. Wer sein Zuhause mit Mali, DSH und Co teilen möchte, sollte sich
immer bewusst sein, dass diese Hunde Ansprüche haben und es entgegen aller
Werbeversprechen den pflegeleichten Begleiter in Gebrauchshundoptik nicht gibt.
Wer in seinem Leben keinen Platz für einen anspruchsvollen Hund mit schnellen
Reflexen, ausgeprägten Jagd- und Schutztrieb hat und nicht gewillt ist, mit
seinem Vierbeiner regelmäßig zu arbeiten, sollte sich einer anderen Rassegruppe
zu wenden.
Wie war, das sollte bei den Kleinanzeigen als Banner erscheinen
AntwortenLöschenSelten einen so treffenden Bericht gelesen (y)
AntwortenLöschenGanz lieben Dank für den schönen Blog ... ich habe alle Beiträge nachgelesen und habe mich köstlich amüsiert, ja, genauso ist es. Und Geld habe ich auch gespart dank der schönen Buchbesprechungen ... bitte weiter so! :-) Ruth
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