Wir leben in einer Zeit und einer Gesellschaft, in der
Alter und Altern immer mehr als Makel gilt. Wer mit 45 nicht mehr genau so fit
und schlank ist, wie mit 15, wird misstrauisch beäugt, graue Haare oder gar
Falten gelten schon fast als ein Ausdruck von Charakterschwäche. Im Leben der
Menschen herrscht vieler Orts der Jugendwahn und auch vor dem besten Freund des
Menschen macht diese verschrobene Einstellung zum Altern nicht halt.
Wie sein zweibeiniger Begleiter, ist es auch für den Hund
heutzutage unschicklich, alt zu werden. Machen sich mit neuen Jahren erste
Ermüdungserscheinungen bemerkbar oder entwickelt Hund mit zehn Jahren erste
Anzeichen von Arthrose, wird oft gemutmaßt, was der Besitzer wohl falsch
gemacht haben könnte oder es startet eine neue Runde Rassehundebashing. Denn
mit gerade mal 10 Jahren geht es ja nicht an, dass Hund grau um die Schnauze
wird und sich an nasskalten Tagen etwas schwerer mit dem Aufstehen tut. Da muss
schon der Züchter etwas verbockt haben oder es um die Gesundheit der ganzen
Rasse schon schlimm stehen, anders kann man sich so etwas nicht vorstellen.
Es wird schon misstrauisch beobachtet, wenn ein Hund
erwachsen wird und sich nicht das dauerkindliche Wesen bewahrt, doch wenn er
gar alt wird, ist es für viele Halter eine Katastrophe. Alt werden und alt sein
hat die großen Hundeseuchen als Schreckgespenst abgelöst und muss mit aller
Macht bekämpft werden. Klickt man sich durch die Gesundheitsecken und
Futterratgeber online, findet man allerorten Hilfe suchende Hundehalter. Der
14jährige Labrador hat Krebs und man braucht dringend Tipps für Heilkräuter,
die da noch helfen können, weil der dumme Tierarzt nichts mehr machen will und
die 10jährige Dogge läuft unrund, also muss man jetzt schnell von Trockenfutter
auf BARF umstellen, denn das ist ja gesünder. Sich damit abfinden, dass Hunde
auch alt werden und damit auch viele Veränderungen einhergehen, ist für viele
leider nicht denkbar.
Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Hundehalter, die
das Alter ihres Vierbeiners glorifizieren. Von „weisen“ Hunden und „großen
Seelen“ ist da dann oft die Rede, meist in Zusammenhang mit Tieren aus dem
Tierschutz. Alles ist herrlich und wunderbar und von einer großen
Seelenverwandtschaft getragen, die man angeblich nur bei alten Hunden finden
kann. Die Tatsache, dass mit dem Alter oft veränderte Bedürfnisse und Krankheit
einhergehen, wird, wenn überhaupt nur als kleine Fußnote angemerkt, denn die
Weisheit der großen Seele neben sich, macht das alles wieder weg. Oftmals wäre
jedoch praktisch, wenn der weise Begleiter einem sagen könnte, woher man das
Geld für Dauermedikation, Physiotherapie und alternative Behandlungsmethoden
nehmen soll, wenn die Tücken des Alters einen voll treffen.
Jeder, der schon einmal einen jungen Hund verloren hat,
wird sich immer wünschen, das Leben mit dem Senior erleben zu dürfen. Dennoch
sollte man auch diesen Lebensabschnitt nicht romantisch verklärt betrachten,
sondern sich der Realität stellen. Das Leben mit einem alten Hund hat seine
schönen Seiten und es ist auch nicht von einem Tag auf den nächsten alles
teuer, trist und traurig. Doch mit der Zeit ändert sich vieles. Chronische
Erkrankungen gehören in den meisten Fällen früher oder später mit zum Alltag
und egal zu wie vielen Ärzten man läuft und wie viele überteuerte
Wunderkräutermischungen man auf Anraten von Online-Experten gekauft hat, mit
einigem wird man lernen müssen zu leben. Auch wird sich der Charakter nie
wieder zurück zu dem überdrehten Junghund zurück ändern.
Veränderte Beschäftigung, veränderte Gewohnheiten,
verändertes Futter, all das gehört in vielen Fällen zum Leben mit dem älter
werdenden Hund und ist kein Grund zur Verunsicherung. Das Alter beim Hund ist
weder eine grausame Erkrankung die man bekämpfen muss, so wie es die
Jugendwahnanhänger tun, noch ist sie der allein seligmachende Zustand, zu dem
es andere verklären. Die Seniorenzeit des Hundes ist, was sie ist, eine Lebensphase
mit eigenen Bedürfnissen, die man akzeptieren muss und in der man, wie in allen
anderen Lebensabschnitten, die individuellen Bedürfnisse seines Hundes
respektieren sollte.
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